von Wolfram Hegen
Unsere Geschichte über sieben vielleicht ungewöhnliche, aber gerade deswegen mutige Ideen für Coburgs Zukunft aus dem Coburger #43 im Februar 2021 hat uns einige Rückmeldungen eingebracht. Meist positiv, und wenn kritisch, dann vor allem, dass die eine oder andere Idee nicht größer präsentiert, gedacht, erläutert worden ist, sondern durch die Aufzählung auf vier Seiten fast ein wenig unterging. Das wollten wir ändern. Und haben in Ausgabe 45, 46 und 48 schon drei Ideen ausführlicher dargestellt: Einen modernen Rathausneubau auf dem Anger, die Verkürzung der Amtszeiten für Stadtoberhäupter und Stadträte, und eine Einbahnstraßenregelung für die östliche Innenstadt. In dieser Ausgabe jetzt unsere vierte der damaligen Ideen etwas ausführlicher. Und wenn Sie auch noch Ideen haben … her damit.
Ein Haus für die Stadtautobahn
Ein Blick zurück: Die Bundesstraße B4 führt jahrzehntelang mitten durch die Coburger Innenstadt, vom Norden kommend durch die Ketschengasse bis in den Süden in Richtung Bamberg, und das bis in die 1980er Jahre hinein. Seit das Auto ab der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zum dominierenden Verkehrsmittel avanciert, seit sich Stadtentwicklung auf den Pfad einer möglichst autogerechten Planung begibt, eine von der Wissenschaft sogenannte „Pfadabhängigkeit“, die 100 Jahre vorherrscht, versucht man den wachsenden Verkehrsfluss durch Coburgs Mitte so gut es geht zu kanalisieren. Der Verkehr aber belastet die Innenstadt. So baut man die Verbindung „Neuer Weg“ westlich der Innenstadt auf Höhe des Hofbrauhauses ab den 1970ern zur vierspurigen Stadtautobahn aus, reißt dazu Gebäude ab wie beispielsweise die Brauereigaststätte der traditionsreichen Coburger Wagnersbrauerei, um eine neue leistungsfähige Autoverbindung von Süd nach Nord bis zur Rodacher Straße zu schaffen. Es entsteht eine neue Bundesstraße 4, entlang der Bahntrasse.
In den 1980ern wird die Verbindung freigegeben. Schon bald aber wälzt sich der zunehmende Verkehr über die B4 im nördlichen Coburg. Die innerdeutsche Grenze öffnet sich, mehr Autos, mehr Staus. Anwohner demonstrieren. So entsteht schon bald der vierspurige Nordring bis zur Bertelsdorfer Höhe und führt dort wieder auf die Bundesstraße B4 Richtung Erfurt. Wenige Jahre später wird die Autobahn A73 fertiggestellt, die neue Nord-Süd-Verbindung für den Fernverkehr. Fast alle genießen wir die neuen schnellen Verbindungen, den Komfort, das Auto.
Und jetzt?
Wir begehen einen neuen „Pfad“, wir reden über Umwelt, wir reden über Chancen für lebenswerte Innenstädte, wir reden über soziales Miteinander, wir reden über Coburg, wie wir Coburgerinnen und Coburger uns es in Zukunft wünschen. Dazu gehört das Auto, nicht zuletzt, weil große Unternehmen dieser Stadt mit Autos Geld verdienen und damit vieles in dieser Stadt erst möglich machen. Dazu gehört, dass das Auto den Menschen dienen muss und nicht umgekehrt. Dazu gehört also, Straßen, Verkehr, Lärm, Hektik, alles, was Lebensqualität einschränkt, zu beschränken. Die letzte Mutige Idee #3 im Coburger 48 mit dem Vorschlag einer Einbahnstraße um die östliche Innenstadt mit stark reduziertem Tempolimit hat sich auf diesen Pfad begeben, und jetzt auch die Idee einer „Einhausung“ der Stadtautobahn.
Möglichkeiten dazu gibt es viele: Schallschutzwände zu beiden Seiten sind das einfachste, die Schaffung eines „Tunnels“ das Aufwändigste, möglicherweise sogar in Verbindung mit einer Tieferlegung. In und entlang vieler anderer kleiner und großer Städte geht man diesen Weg, entlang der A3 bei Aschaffenburg und Würzburg, in München am Mittleren Ring, in Starnberg mit der B2 oder in Ruhpolding mit dem Tunnel um die Stadt. Nur wenige von sehr vielen Beispielen.
In Coburg zum Beispiel könnte man die Stadtautobahn im Innenstadtbereich bis auf Zufahrtsbereiche zu Häusern oder Abfahrten fast komplett einhausen, also vom Weichengereuth bis hin zur Rodacher Straße.
Vorteile:
• Harmonisierung des Stadtbildes
• Weniger Lärmbelästigung
• Weniger Schadstoffemissionen
• Mehr Lebensqualität beidseitig der Stadtautobahn
• Mehr Wert von Grundstücken und Immobilien entlang der Trasse
• Mehr Begrünung und Klimaschutz möglich
• Neue Nutzungen entlang oder auf Einhausung möglich z.B. Fahrrad- oder Fußwege
Coburg könnte Vorbild sein.
Der Artikel gibt die Meinung des Verfassers wieder.
Guten Tag, Herr Hegen,
zum Thema einer Einhausung der Stadtautobahn:
mir ist bekannt, dass viele Bewohner der Gebäude westlich der Stadtautobahn den Lärm der PKWs und LKWs äußerst störend empfinden.
Dem Problem könnte eine Einhausung sicher begegnen. Sicher würde dadurch die Lebensqualität erhöhen, vielleicht auch der Wert der Grundstücke. Ob wirklich Schadstoffemissionen vermieden werden, wage ich zu bezweifeln, da auch die Abgase aus dem Tunnel ausgeleitet werden müssten. Und ob dies eine Harmonisierung des Stadtbildes bringt, wenn nun entlang des westlichen Randes eine Einhausung gebaut wird, möchte ich stark bezweifeln.
Allerdings ist dies für mich in der derzeitigen wirtschaftlichen Situation der Stadt weniger als ein Traum, vielleicht ein Projekt „nice-to-have“, aber nicht realistisch. In den nächsten Jahren stehen uns für große Projekte Millionen Ausgaben bevor: Entwicklung des ehemaligen Güterbahnhofs; Globe mit Anbauten und Außenanlagen; Renovierung des Landestheaters; Sanierung des Kongresshauses; Herstellung kreuzungsfreier Bahnübergänge; und schließlich: ein mindestens 500 Millionen Objekt eines neuen Krankenhauses. Dabei sind die normalen und notwendigen Infrastrukturmaßnahmen noch nicht einmal umfasst. Dennoch: weiterhin müssen Straßen erneuert oder repariert werden; Wohnbau und Städtische Werke benötigen Gelder, etwa die SÜC für Überlegungen zum Bau einer Wasserstoffanlage.
All diese Projekte haben sicher Vorrang vor eine Einhausung der Schnellstraße.
Und schließlich wird man sich wohl an einen solchen in der Landschaft stehenden Tunnel auch optisch gewöhnen müssen.
Ich gehe davon aus, dass ich jedenfalls zu meinen Lebzeiten eine Einhausung der Bahn im Bereich der Stadt Coburg nicht erleben werde. Unten zu meinen Lebzeiten würde ich dies auch nicht befürworten.
MfG Dr. Eidt
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Eidt
was ist Mut? = Fähigkeit, in einer gefährlichen Situation seine Angst zu überwinden
politisch gemeint = die grundsätzliche Bereitschaft, angesichts zu erwartender Nachteile etwas zu tun, was man für richtig hält!
Fakt ist, dass die sogenannten Stadtautobahn B4 heute nicht mehr die Aufgabe zukommt, wie sie vor dem Bau der A73 zukam.
Darüberhinaus wird die B4 heute als „Abkürzung“ von Nord nach Süd auch „mißbraucht“. Gestützt wird dies auch noch durch die ungenügende und aus heutiger Sicht falsche Beschilderung der B4! hier wird von Norden kommend die Richtung nach Bamberg über die B4 anstatt über die A73 geleitet (nur ein Beispiel).
Ja, diese Stadtautobahn spaltet und trennt die Stadt. Verschwendet wertvollen Lebensraum, stört diesen und behindert die nachhaltige Entwicklung der wundervollen und schönen Stadt Coburg – in der Mitte Deutschlands – mit schönen Landschaften und ehrwürdiger Geschichte. Genauso eine vorbildliche Industrie, Landestheater, Samba und unendlichen Möglichkeiten.
Wir leben von Möglichkeiten und sterben an Wirklichkeiten!
ich frage mich, WARUM nutzt diese Stadt ihr reales Potential so wenig?
Ich danke allen Stellungnahmen für diese „mutige Idee“ – ob Einhausung oder nicht – ja, das ist eine sensationelle Idee!
Sehr schade, dass die Politik mit fehlender Vorstellungskraft und/oder fehlender Mittel argumentiert! Wir benötigen nicht nur mutige Ideen, sondern auch mutige Politiker und Unternehmer – das sind u.a. Menschen die Vision und Möglichkeiten aufzeigen und diese auch ganzheitlich leben!
Als Bürger der Stadt Coburg erwarte ich von der Politik Ideen UND kreativenLösungen die umgesetzt werden – darum wurden sie doch gewählt!
Enttäuschend ist, dass seit jeher die Ausrede geliefert wird, wobei der Bund für die Bundesstraße verantwortlich ist. Das ist dem Grunde nach korrekt. Ohne in Details zu gehen, vereinfache ich an dieser Stelle mit dem bekannten Satz: wer will findet Lösungen und wer nicht will, Ausreden!
Nebenbei, die B4 erfüllt heute nicht mehr die Funktion der länderüberspannenden Fernstraße. Hier gibt es mittlerweile die A73! Somit könnte eine Rückstufung beantragt werden. Ja, kein Vorteil ohne Nachteil – dennoch ergäbe diese andere Perspektiven.
Als erster Schritt kann ein Tempolimit von aktuell überwiegend 70 Km/h auf 30 km/h oder wenigsten 50 km/h und 30 Km/h nachts durchgesetzt werden. Die Vorteile für Emission, Lärm sind gegeben. Beispiele? Würzburg, Nürnberg, München….in Baden-Württemberg ist die Mehrheit der Bundesstraßen die durch Dörfer und Städte führen mittlerweile ganztags 30 km/h!
Auch hier passt ein Zitat von Antoine de Saint-Exupery: „wenn du ein Schiff bauen willst, dann rufe nicht die Menschen zusammen, um Holz zu sammeln, Aufgaben zu verteilen und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem großen, weiten Meer“.
Ja mutige und weitsichtige Menschen braucht unser Land!
ich gratuliere von ganzem Herzen für diese Ideen!
Plädiere ergänzend auch neben einer großen Vision ebenso, was für die meisten Menschen einfacher und annehmbarer ist, sich an Etappenzielen zu orientieren! Kleine Erfolgserlebnisse steigern das Selbstbewusstsein und begeistern für mehr! Auch die Tour de France ist an einem Tag nicht zu schaffen.
Zusammengefasst, jede Angst ist gelernt – muss wahrlich niemand haben! Somit stellt sich das Thema Mut an dieser Stelle nicht.
Politisch – oh ja, die Politik soll die Bereitschaft für die Umsetzung aller Zielvorstellungen die uneingeschränkt vorteilhaft für die Bevölkerung sind, regelgerecht und hart in der Sache – kämpfen und alles geben!
Die „Einhausung“ ist eine gute Idee – daraus können wir wahrlich etwas machen. Die Vorteile offensichtlich. Schadstoffemissionen nicht reduzieren – dies ginge mit dem genannten Tempolimit.
Zu teuer? Geld = Energie. Wenn wir uns alle vorstellen, wie wir uns fühlen wenn dieses Projekt umgesetzt ist und dieses Gefühl ein wundervolles ist, dann schaffen wir das!