Sonderthema Gerechtigkeit: Die Grenzen des Rechts #56

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Rechtstipp

Gesetze regeln unser Zusammenleben. Sie sollen im Fall des Falles dafür sorgen, dass wir zu unserem Recht kommen. Sie sollen gerecht sein. Ob und wie das gelingen kann – ein Interview mit Dr. Wolfgang Hacker, Fachanwalt bei der Rechtsanwaltskanzlei Hörnlein & Feyler in Coburg.

COBURGER: Welche Bedeutung hat Gerechtigkeit aus juristischer Sicht?

Viele Juristinnen und Juristen wählen diesen Beruf, weil sie für Gerechtigkeit sorgen wollen. In den meisten Fällen, die ich betreue, geht es um einen gerechten Ausgleich für ein erlittenes Unrecht materieller oder anderer Art. Wenn jemand einen Schaden erleidet, dann muss ihm dieser ersetzt werden, das ist der Grundsatz. Also sorgt man aus juristischer Sicht schon für Gerechtigkeit.

COBURGER: Wo findet sich der Begriff „Gerechtigkeit“ im Grundgesetz?

Also wörtlich findet sich der Begriff zum Beispiel in Art 1 Absatz 2. Dort heißt es „Das deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.“ Das zeigt, was für eine herausragende Bedeutung „Gerechtigkeit“ hat. Und auf dieser Basis prägt dieses Streben nach Regelungen für ein gerechtes Miteinander viele Artikel des Grundgesetzes: den Allgemeinen Gleichheitsgrundsatz, die Religionsfreiheit, die Handlungsfreiheit, das Persönlichkeitsrecht, um nur einige zu erwähnen.

COBURGER: Wie oft haben Sie Mandanten, die eine Entscheidung als ungerecht empfinden?

Es kommt schon mal vor, dass der Eindruck entsteht, eine Entscheidung kann nicht gerecht sein. Im Medizinrecht muss man als Geschädigter zum Beispiel eindeutig und zweifelsfrei beweisen, dass ein Behandlungsfehler vorliegt, der zu einem Schaden geführt hat. Das ist manchmal im Einzelfall nur schwer nachweisbar, obwohl die Sachlage vielleicht auf den ersten Blick eindeutig erscheint. Ein klageabweisendes Urteil kann der Mandant dann natürlich leicht als ungerecht empfinden, obwohl es juristisch korrekt ist. Für besonders krasse Fälle wird daher über die Einführung eines Härtefallfonds diskutiert – die aktuelle Koalition hat das zumindest vor. Damit könnte Betroffenen geholfen werden, wenn zwar einiges für ein ärztliches Fehlverhalten spricht, dennoch aber der letztendliche Nachweis nicht möglich ist. An diesem Beispiel sieht man, dass Gesetze nicht jeden Einzelfall abbilden können. Sie müssen aber abstrakt formuliert sein, um für eine Vielzahl an Fällen als juristische Grundlage dienen zu können.

COBURGER: Was ist denn dann der Unterschied zwischen Gerechtigkeit und Recht?

Gerechtigkeit ist kein juristischer Begriff im engeren Sinne, sondern eher eine Maxime dessen, was man als Gesellschaft anstrebt, ein moralischer Begriff, ein Leitbild für das, was man mit den Regeln und Gesetzen, also mit dem Recht, erreichen möchte.

COBURGER: Und wenn jemand die Rechtsprechung als ungerecht empfindet?

Der Staat kann immer nur so gut sein wie die Menschen, die in ihm leben. Wenn also jemand etwas ändern möchte, wenn er sich ungerecht behandelt fühlt, kann er sich in unserem Rechtsstaat auf Basis der Gesetze einbringen, er kann auf eine Ungerechtigkeit öffentlich aufmerksam machen, er kann sich an Abgeordnete wenden und er kann natürlich Gesetze vor Gerichten prüfen lassen.

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