Ein Gedankenexperiment über Sinne
WIR STELLEN UNS VOR, DIE ZEITSCHRIFT „COBURGER“ WÄRE EIN MENSCH. EIN MENSCH MIT ALLEN SINNEN. DIESER MENSCH MÖCHTE MIT SEINEN SINNEN IN VERBINDUNG TRETEN. ES ENTSTEHT EIN GESPRÄCH DES COBURGER MIT SEINEN SINNEN ÜBER DIE AKTUELLE SITUATION IN DER WELT.
Es ist ein nebliger Herbstmorgen, als COBURGER, ein nachdenklicher Zeitgenosse, den Raum betritt. Er ist allein, doch fühlt sich nicht allein. Seine Sinne sind bei ihm – immer. Heute möchte er ein Gespräch führen, ein tiefes Gespräch, denn die Welt fühlt sich anders an. Es ist eine Zeit des Wandels, der Unsicherheit. Wie geht es seinen Sinnen in dieser Welt? Was empfinden sie? Was nehmen sie wahr?
COBURGER (nachdenklich): Hallo, meine treuen Begleiter. Lasst uns reden. Wie geht es euch? Ich fühle, dass sich etwas verändert hat, dass die Welt nicht mehr so ist wie früher. Aber ich weiß nicht genau, was es ist. Ihr seid meine Verbindung zur Welt. Was nehmt ihr wahr?
Der Sehsinn (blinzelt und schaut hinaus): Es ist schwierig, COBURGER. Ich sehe eine Welt, die so viel Graues und Trübes enthält. Früher war alles klarer, heller, aber jetzt? Die Menschen laufen aneinander vorbei, Augen in Bildschirme versenkt. Ich sehe sie, aber sehe ich wirklich in sie hinein? Die Schönheit der Welt scheint oft hinter einer Wand aus Unsicherheit verborgen.
COBURGER (lehnt sich zurück, nickt): Es stimmt, die Dinge sehen anders aus. Aber was ist mit dir, Geruchssinn? Was riechst du? Der Geruchssinn (schnuppert): Die Luft ist anders, COBURGER. Es gibt weniger den Duft von frischem Brot, weniger den Geruch von Blumen auf den Märkten. Stattdessen rieche ich Desinfektionsmittel, sterile Luft in Räumen, in denen Menschen sich ängstlich voneinander fernhalten. Der würzige Duft von Leben und Begegnungen ist leiser geworden.
COBURGER (seufzt): Die Distanz, ja. Ich spüre sie auch. Tastsinn, wie geht es dir dabei?
Der Tastsinn (streckt die Hand aus, tastet in die Luft): Es ist wie eine unsichtbare Barriere zwischen den Menschen. Hände, die sich früher berührten, streifen nur noch flüchtig aneinander vorbei. Ich vermisse die Wärme, die zwischen Fingern floss, das Gefühl von Vertrautheit. Die Welt fühlt sich kälter an, COBURGER.
COBURGER: Ich weiß, was du meinst. Und was ist mit dir, Gehör?
Der Gehörsinn (lauscht in die Stille): Die Stille ist anders geworden. Früher hörte ich Lachen in den Straßen, das Stimmengewirr auf Märkten. Heute höre ich Unsicherheit in den Stimmen, das Zögern in den Gesprächen. Und Stille – diese drückende, belastende Stille, die alles durchdringt.
COBURGER (schließt die Augen, horcht in sich hinein): Es scheint, als ob die ganze Welt auf der Bremse steht, als ob wir alle warten … Aber auf was?
Der Geschmackssinn (schmeckt nachdenklich auf der Zunge): Die Welt schmeckt anders, COBURGER. Das Leben hat an Würze verloren. Die süßen Momente sind selten geworden. Ich schmecke die Müdigkeit in den Speisen, das Bedürfnis nach Trost in den süßen und schweren Dingen. Früher war es anders, ausgewogener. Die Menschen schmecken jetzt nicht mehr mit Freude, sondern mit Sehnsucht nach einer Normalität, die verloren scheint.
COBURGER (nickt): Ihr alle spürt es, das spüre ich auch. Die Welt ist in Aufruhr, und wir sind mittendrin. Aber was machen wir daraus? Wie begegnen wir dem, was uns umgibt?
Der Sehsinn: Vielleicht müssen wir lernen, das Neue in der Trübe zu sehen. Die kleinen Momente der Schönheit, auch wenn sie versteckt sind. Ein Lächeln hinter einer Maske, ein Sonnenstrahl zwischen grauen Wolken.
Der Geruchssinn: Vielleicht sollte ich mich auf die Düfte konzentrieren, die noch da sind. Den Duft des Kaffees am Morgen, den Geruch von frisch gefallenen Blättern. Es gibt immer noch Leben in der Luft.
Der Tastsinn: Und ich werde die wenigen Berührungen, die es gibt, schätzen. Jede Umarmung, jede Berührung, die es wagt, die Kälte zu durchbrechen.
Der Gehörsinn: Ich werde den leisen Tönen lauschen. Den sanften Stimmen, den Gesprächen, die nicht laut sind, aber dafür umso bedeutungsvoller.
Der Geschmackssinn: Und ich werde die kleinen Freuden im Geschmack suchen. Den ersten Bissen eines frischen Apfels, den bitteren Nachklang eines kräftigen Kaffees. Das Leben mag anders schmecken, aber es schmeckt.
COBURGER (lächelt sanft): Ihr habt Recht. Die Welt hat sich verändert, aber wir sind noch hier, wir alle. Und vielleicht sind es gerade die Sinne, die uns durch diese Zeit führen werden. Ihr seid meine Verbindung zur Welt, und solange ihr da seid, wird es immer etwas geben, das ich erleben kann.