Coburg und die Welt #48

Städtepartnerschaften – gelebte Völkerverständigung

Derzeit unterhält Coburg gleich 6 Städtepartnerschaften. Mit Oudenaarde in Belgien, Gais in Südtirol, der Isle of Wight in England und Niort in Frankreich, liegen 4 in Europa, Cobourg in Kanada und Toledo in den USA auf der anderen Seite der Erdkugel.

In diesem Jahr konnte trotz der nicht ganz einfachen Situation aufgrund der Pandemie ein ganz besonderes rundes Jubiläum mit Gais gefeiert werden. 1971, also vor 50 Jahren, legte die damals noch eigenständige Gemeinde Lützelbuch den Grundstein für die bis heute sehr aktive Partnerschaft mit Italien. Über ein halbes Jahrhundert haben sich Freundschaften gehalten und viele neue sind dazu gekommen, und so war es keine Überraschung, dass der Empfang der Coburger Delegation, die im September Gais besuchte, ein besonders herzlicher war.

Nach dem offiziellen Empfang durch die Gemeinde, bei dem auch der Gründervater und ehemalige Bürgermeister Max Brugger anwesend war, ging es für die Coburger und ihre Gastgeber, zum Teil zu Fuß, hinauf auf rund 1.500 Meter. In der Bergschule Lanebach wurden zwischen 1845 und 1983 die Kinder der Bergbauernfamilien in der Umgebung unterrichtet und ihnen so der rund 2-stündige Schulweg ins Tal erspart.

Das heutige Museum erlaubt den Besuchern mit seiner Originaleinrichtung und vielen historischen Bildern an den Wänden eine kleine Zeitreise. Die Steilhänge rund um die Schule haben dann auch ein geflügeltes Wort in Gais geprägt. Die Bergschule liege da „wo selbst die Hühner Steigeisen tragen“, erklärt Stephanie Auer, die Gaiser Gemeindereferentin den Gästen und fügt hinzu: „Die Hänge hier sind so steil, gefährlich und schwer zu bewirtschaften, dass es bei uns heißt: Ein Bergbauer aus Lanebach stirbt nicht im Bett“.

Gais, da waren sich die Teilnehmer sicher, ist definitiv einen Besuch wert. Ob im Frühling, Sommer oder Herbst zum Wandern, Mountainbiken oder einfach um die Natur zu genießen, genauso wie im Winter zum Skifahren. Nicht weit von Bruneck entfernt, laden gleich mehrere Skigebiete in der unmittelbaren Nähe zum Pistenvergnügen ein und in der Gaiser Hotellerie und Gastronomie gibt es für jeden das Passende.

Der offizielle Gegenbesuch der Südtiroler Delegation ist derweil für Anfang Dezember geplant – mit einer ganz besonderen Premiere, auf die sich nicht nur der Städtepartnerschaftsbeauftragte des Coburger Stadtrats, Jürgen Heeb, freut: „Uns ist es endlich gelungen, dass unsere italienischen Freunde in der Weihnachtszeit zum ersten Mal ihre kulinarischen Spezialitäten für die Coburgerinnen und Coburger zum Kauf anbieten werden. Neben dem traditionellen Südtiroler Speck, Kaminwurzen und Hirschsalami von Gaiser Metzgern, wird es auch Schüttelbrot und die ein oder andere flüssige und teilweise hochprozentige Leckerei wie beispielsweise Zirbenschnaps geben“, verrät Heeb.

Bis zum Redaktionsschluss des Magazins war allerdings noch nicht abschließend geklärt, ob ein Verkauf auf dem Coburger Marktplatz möglich ist. „Sollte das nicht zulässig sein, denken wir gerade über eine Online-Lösung nach. In diesem Fall würden wir dann über alle denkbaren Kanäle kommunizieren, wo die Spezialitäten zu haben sind“, so Heeb.

Das gleiche gilt dann natürlich auch für das Bier und die belgischen Pralinen, die seit Jahren für viele Coburgerinnen und Coburger zum Pflichtprogramm bei den Einkäufen in der Vorweihnachtszeit gehören. Traditionell werden diese am ersten Wochenende des Weihnachtsmarkts vom Städtepartnerschaftsverein aus dem belgischen Oudenaarde angeboten.

Apropos Vorweihnachtszeit: In diesem Jahr werden gleich zwei Weihnachtsbäume aus Coburg in Belgien für die richtige Stimmung sorgen. Zum einen hatte sich der Oudenaarder Bürgermeister in einem Brief an Oberbürgermeister Dominik Sauerteig gewandt und um einen Weihnachtsbaum aus Coburg gebeten. Dieser sollte quasi ein erstes Zeichen sein, das auf die anstehenden Feierlichkeiten zum 50. Jubiläum der Partnerschaft beider Städte hinweist. Zum anderen wird in der Kirche St. Walburga, direkt neben dem Oudenaarder Marktplatz der Designer-Weihnachtsbaum erstrahlen, der in den letzten beiden Jahren die Morizkirche in Coburg schmückte.

„Das ist ein tolles Signal, dass gerade in der Weihnachtszeit zwei Christbäume aus Coburg die Menschen in Oudenaarde an unsere Partnerschaft erinnern“, sagt Jürgen Heeb. „Wenn man sich dann noch ins Gedächtnis ruft, dass die ersten Schritte für diese Partnerschaft von ehemaligen Soldaten ausgingen, die im 2. Weltkrieg gegeneinander gekämpft haben und damit ein Zeichen der Versöhnung setzen wollten, gibt es kaum eine passendere Möglichkeit als Weihnachten“, findet er. Die Planungen für die Feierlichkeiten im nächsten Jahr stehen indes bereits weitestgehend.

Anfang Mai wird eine Delegation des Coburger Stadtrates nach Oudenaarde fahren, um dort, zusammen mit dem belgischen Könighaus, das Jubiläum zu
begehen. 3 Wochen später ist dann eine Abordnung aus Belgien zu Gast in der Vestestadt.

„Im Juni werden wir dann eine Aktion wiederholen, die es zuletzt vor vielen Jahren gab – zum traditionsreichen Bierfest in Oudenaarde wird eine kleine Gruppe von Coburgern mit dem Rad anreisen“, verrät Jürgen Heeb. „Derzeit planen wir die Strecke und die Etappen, denn bei über 700 Kilometern, die es zu bewältigen gilt, ist eine sorgfältige Planung das A und O“, so der Städtepartnerschaftsbeauftragte weiter. Radfahren hat in Oudenaarde eine lange Tradition, ist die Stadt in den Ardennen doch seit 10 Jahren der Zielpunkt der internationalen Flandernrundfahrt der Radprofis. Ein eigenes Museum im Herzen der Stadt befasst sich ausschließlich mit dem Traditionsrennen und lässt die Besucherinnen und Besucher hautnah erleben, was es bedeutet die Strecke mit dem berüchtigten Kopfsteinpflaster zu bewältigen.

Aber auch sonst hat das „Juwel der flämischen Ardennen“ eine Menge zu bieten. Das Rathaus beispielswiese beherbergt eine beachtenswerte Sammlung von Silberkunstwerken und historischen Wandteppichen, die belgische Braukultur kann in den Brauereien vor Ort erkundet werden, und bei einer Tasse Kaffee auf dem Marktplatz zu sitzen und dem live gespielten Carillon im Turm von St. Walburga zu lauschen, ist etwas ganz Besonderes.

Die Einbindung der Städtepartnerschaften in die Arbeit des Stadtrates ist aber nur die eine Seite. „In der Politik können wir uns noch so bemühen, die Verbindungen aufrecht zu erhalten, wenn das nicht von den Bürgerinnen und Bürgern mitgetragen wird, sind wir da auf verlorenem Posten. An dieser Stelle kommt dann der Coburger Städtepartnerschaftsverein ins Spiel, der die Idee in die Stadtgesellschaft trägt“, erklärt Heeb. „Über die vielen Jahre hinweg sind hier echte Freundschaften über Länder- aber auch Kontinentgrenzen entstanden, die dem eigentlichen Gedanken Leben einhauchen. Was ich mir in diesem Zusammenhang wünschen würde, wäre, dass sich vor allem junge Coburgerinnen und Coburger hier vermehrt engagieren.

Viele waren ja bereits während ihrer Schulzeit in einer unserer Partnerstädte und haben schon erste Kontakte geknüpft. Wenn wir es jetzt schaffen, die zu verstetigen und in die Arbeit des Städtepartnerschaftsvereins einfließen zu lassen, wäre das ein echter Gewinn“.

Erste Informationen gibt es im Internet. Dort findet man auch die aktuellen Termine der nächsten Treffen, die man zwanglos und ohne Voranmeldung besuchen kann.

www.städtepartnerschaftsverein-coburg.de

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