Ist er ein Multitalent?
Model, Tänzer, Choreograph, Musiker, Filmemacher? Und das mit gerade einmal Anfang 20? Ein Gesamtkunstwerk? Scheint so, auf jeden Fall sind Körper, Bewegung und Musik seine Sprache, auf jeden Fall ist er authentisch, auf jeden Fall bringt er eine eigene persönliche Story mit, die überhaupt nicht witzig ist, sondern sehr zum Nachdenken anregt, und auf jeden Fall bleibt er immer Coburger, auch wenn Berlin mittlerweile seine Welt ist, er dort als vor allem als Model arbeitet: Robin Höhn. Eine Abfrage.
Die Anfänge?
Die No Angels fand ich als Kind ganz toll, die tanzen, singen, sehen toll aus, machen tolle Fotos, das hat mich fasziniert. Gerade das Tanzen auf der Bühne, dieses ganze Feeling. Ich habe das immer nachgetanzt, hatte dafür eine Begeisterung. So und dann habe ich gesagt, das probiere ich jetzt auch und es ist echt mein Leben geworden. Mit 14 hatte ich das erste Casting. In Coburg war das damals, da wurde ich dann genommen. Bei „Du bist Coburg“ habe ich mitgewirkt, 2006 war das. Und je mehr ich gemacht habe, desto mehr habe ich gespürt, dass das mein Leben ist.
Die Choreographie?
Ich saß oft in der Schule, habe auf die Uhr gekuckt und habe mir im Kopf irgendeine Choreografie ausgedacht. Dann wusste ich, das ist nicht nur ein Spaß oder Hobby, das ist mehr. Mit 18 habe ich das Musical für Coburg choreographiert, das war eine Riesen-Herausforderung: Live-Band, 100 Leute. Erst habe ich gesagt, das mach ich, kein Ding. Und dann habe ich die Setlist bekommen. Es war ja auch nicht ein Genre von Musik, das war Funk, Soul, Pop, Rock, Klassik. Und ich hatte so Millionen Ideen in meinem Kopf, die ich erst einmal gar nicht auf Papier gekriegt habe. Da habe ich gedacht, meine Güte, wie soll ich das schaffen? Natürlich hat man immer mal Zweifel, habe ich auch heute noch. Und es war auch harte Arbeit. Viel Arbeit, die ich trotzdem genossen und ganz viel gelernt habe. Ich bin superselbstbewusst und erfahren aus der ganzen Produktion rausgegangen.
Das Vorbild?
Ich habe zwar viele Vorbilder, gerade in der Musik oder im Tanz und natürlich wird man inspiriert, aber ich habe eben nicht den klassischen Weg gewählt über eine Schauspielschule. Ich mache das eher learning-by-doing. Das war schon immer meins, mit dem Modeln, mit dem Tanzen. Ich habe geübt, vor dem Spiegel, Sachen ausprobiert, und habe dann gespürt, klappt das, funktioniert das, fühle ich mich dabei gut, sieht das gut aus? Wenn nicht, habe ich es anders probiert.
Die Bewerbung um den Oskar?
Ich habe die Filmproduktion Park Avenue 3D auf der Veste kennengelernt. Dann haben wir gesagt, lass uns etwas zusammen machen. Der Dreh war dann irgendwie magisch: Es war im Herbst im Hofgarten. Die Tage davor hatte es nur geregnet. Und als wir gedreht haben, war strahlender Sonnenschein. Wir haben dann gedacht, lass es uns probieren, den Film zu den Oscars zu schicken, weil Park Avenue 3D war ein Vorreiter in 3D. Natürlich ist es schwer, einen Film überhaupt einzureichen. Es gibt eine Jury, ein Auswahlverfahren, der Film muss auf Filmfestspielen gezeigt werden, damit er überhaupt eingereicht werden kann. Wir haben es probiert, und es hat nicht geklappt … und dann kam das Nächste. Ich habe mit Park Avenue 3D einen zweiten Film gedreht, das war ein Fashion Film und der ist in Los Angeles gelaufen. Das alles war ein super Lernprozess.
Die Bezahlung?
Die Industrie hat sich verändert. Das Geld fließt nicht mehr so wie es einmal geflossen ist. Gerade durch die vielen Blogs und You-Tube-Stars wird viel irgendwie produziert und umsonst gepostet und jeder kann es sich anschauen. Modemagazine zahlen nicht mehr, was sie einmal gezahlt haben, wenn sie überhaupt bezahlen. Man muss für das gleiche Geld mehr arbeiten.
Die Musik?
Mein Elektro-Funk-Duo „Fair Enuff!“ gibt es seit 2012. Ich mache das gemeinsam mit Elisabeth Funk. Wir kommen beide aus der Show-Welt, wollen tanzen, sexy sein und geile Fotos machen. Wir treten überall auf. Zum Beispiel beim Christopher Street Day, auch bei der Fashion Week. Unsere Texte gehen über Umwelt, Menschenrechte, Alkoholmissbrauch.
Der Alkohol?
Meine Mama war alkoholkrank, sie ist seit 2003 trockene Alkoholikerin. Ich habe null Angst, dass sie rückfällig wird. Sie geht sehr offen damit um, engagiert sich auch heute noch im Blauen Kreuz. Aber Alkohol war ein großer Bestandteil von meinem Leben. Ich weiß, was er anrichtet, was er einer Familie antut. Ich war ja auch betroffen, ich war co-abhängig. Ich habe mitbekommen, ab einer gewissen Uhrzeit verändert sich meine Mama. Das hat mir Angst gemacht. Ich hatte noch eine kleine Schwester, und ich habe gesagt, ich muss das unter Kontrolle und im Griff haben. Da habe ich mir mit neun Jahren großen Druck aufgebaut. Deswegen setze ich mich heute gerne und viel gegen Alkoholmissbrauch ein. Es ist ein Tabuthema, aber so präsent in der ganzen Welt. Gerade im Entertainment-Bereich steht er an jeder Ecke. Ich habe oft Gespräche mit Kollegen in der Modelwelt, die sich mir anvertrauen, die ohne Alkohol nicht feiern können. Deswegen versuche ich zu zeigen, dass man selbst in einem so gefährlichen Umfeld wie der Modelwelt arbeiten kann, ohne dem zu verfallen. Ich habe mein Ziel klar vor Augen, aber auf einer sauberen Basis, ich brauche diese ganzen Substanzen nicht. Viele aber kommen mit dem Druck nicht klar, lassen sich verleiten, man ist viel schneller abhängig, als man denkt. Aber es ist keine Schande, sich Hilfe zu holen. Jeder kann mal abrutschen.
Coburg oder Berlin?
Ich bin Coburger und ich bin gerne hier, laufe gerne ungestylt herum und esse eine Wurstsemmel. Meine Familie ist hier, die ich oft besuche. Und dann bin ich wieder in Berlin, bin gestylt, arbeite mit Top-Designern, sehe mich auf Covern oder in irgendeiner Modezeitschrift, wo vor mir Beyonce ist und hinter mir Lady Gaga und ich bin in der Mitte, das ist schon verrückt. Ich probiere es immer meine sozialen Projekte mit in meine Arbeit einfließen zu lassen und stelle mich auch gerne für meine Heimat zur Verfügung. So mache ich jetzt zum Beispiel eine Kampagne mit Coburg zusammen.
Das Gespräch führte Wolfram Hegen. Das komplette Interview als Podcast zum Download bei iTVCoburg: www.itv-coburg.de/robin-hoehn-2017. Und ein Beitrag über Robin Höhn: www.itv-coburg.de/robin-hoehn.
Bildquelle: Robin Höhn
Autor: Wolfram Hegen