Auf ein Wort Schriftzug

Auf ein Wort #58

Tief durchatmen

von Wolfram Hegen

Kennen Sie das auch: Sie empfinden maßlose Wut, der Blutdruck steigt, Sie verlieren die Kontrolle, rasten aus, werden laut, böswillig, ungerecht, ob gegen andere, sich selbst oder eine Sache? Am Ende ist der Schaden meist groß, Porzellan zerschlagen, eine Beziehung getrübt, die Selbstachtung verloren. Die Wut als purer Selbstzweck mit ihrer ganzen zerstörerischen Wirkung, wenn sie unangemessen und unkontrolliert über ein Ziel hinausschießt. Einzelfälle, die jedem Menschen einmal passieren? Menschlich, allzu menschlich? Sicherlich. Wut aber ist kein Einzelfall mehr, sie ist gesellschaftsfähig geworden, der noch 2010 als Randgruppe wahrgenommene Wutbürger ist Alltag: Die Wut der Klimakleber gegen die Politik. Die Wut der Autofahrer gegen die Klimakleber. Die Wut auf Migranten, die Wut der Migranten. Die Wut auf die Ampel. Die Wut der Ampel.

Die Wut gegen Medien, Heizhammer, Fleischpolizei, Genderdiktatur, Waffenlieferungen. Die Wut gegen Populisten, Kreuzfahrer, Fleischesser, Sexisten, Putinversteher. Sind durch die zunehmende Wut der letzten Jahre Probleme gelöst worden? Oder wird der Schaden eher immer größer, mehr und mehr Porzellan zerschlagen, werden unsere gesellschaftlichen Beziehungen getrübt, geht unsere Selbstachtung als Gemeinschaft, als Land verloren?

Wem oder was dient unsere zunehmende Wut?

Psychologen empfehlen, lieber tief durchzuatmen, die Augen zu schließen, bis zehn zu zählen, wenn möglich die auslösende Situation zu verlassen und kurz einmal nachzudenken. Die Reaktion auf den Auslöser der Wut ist dann in der Regel viel kontrollierter und vor allem:

Sie dient einer Lösung, nicht noch mehr Wut.

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