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Brautzug und Sauerkraut #35

Sonderthema Traditionen – Brautzug und Sauerkraut

Karl-Ulrich Pachale schneidet den Krautkopf in Stücke und hobelt ihn klein. Später wandern die Krautkopfstreifen unter Zugabe von Salz, Kümmel und Wacholderbeeren in einen großen Steintopf, in dem sie gestampft werden und einige Zeit lagern müssen. Pachale stellt Sauerkraut auf althergebrachte Weise her – so wie es in früheren Zeiten üblich war. Sauerkraut galt in der kalten Jahreszeit als wichtiger Lieferant von Nährstoffen, Mineralen und Vitamin C. Die Zeiten, in denen Menschen an einem Nährstoffmangel litten, sind längst vorbei. Aber das Wissen um altes Handwerk, Bräuche und Traditionen ist in der Region teilweise noch erhalten. Dafür sorgen auch Pachale und die Mitglieder des Arbeitskreises des Gerätemuseums der „Alten Schäferei“ in Ahorn. Einmal im Jahr am Museumsfest lassen Männer und Frauen die alten Traditionen lebendig werden. Einer der immer dabei ist, ist Karl–Ulrich Pachale.

Der Rentner, der früher einmal bei der Firma Waldrich in der Marketingabteilung gearbeitet hat, ist in Coburg geboren und aufgewachsen und hat sich für ein Leben auf dem Land entschieden. „Ich habe mir bewusst ein Haus in Brüx gekauft“, sagt er. In dem Neustadter Stadtteil lebt er seit vielen Jahren mit seiner Frau Lyane und pflegt alte Traditionen. Thema Traditionen? Da fällt Pachale die Kirchweih, oder wie in der Coburg Region üblich, die „Kerwa“ ein.

Kirchweihfeste werden seit dem Mittelalter gefeiert und sind ein fester Bestandteil des Brauchtums im Coburger Land. Dazu gehören zum Auftakt ein Gottesdienst, das Aufstellen eines Kirchweihbaumes und der Kirchweihtanz. Ein unbedingtes Muss sind die fränkischen deftigen Spezialitäten wie Bratwürste oder Klöße mit Braten, die sich die Besucher schmecken lassen. Und in vielen Orten und Stadtteilen ziehen auch die Kirchweihmusikanten umher und spielen „Ständala“, als Lohn gibt es ein Schnäpschen oder Bares.


„Traditionen sind ja das, was uns zusammenhält und verbindet.“


„Traditionen sind ja das, was uns zusammenhält und verbindet,“ sagt Pachale. Leider sei Vieles im Laufe der Zeit verloren gegangen, bedauert er. Damit das eben nicht so ist, gibt es den Arbeitskreis in der Alten Schäferei in Ahorn, dem Pachale seit 15 Jahren angehört. Länger schon, nämlich seit dem Jahr 1983, ist er Mitglied in der Historischen Gesellschaft in Coburg. Hier begegnete er Ernst Kienel, dem ehemaligen Kreisheimatpfleger. Durch diesen Kontakt kam Pachale zur Alten Schäferei.

„Die Historische Gesellschaft kümmert sich um das Geistige, im Arbeitskreis geht es um das Praktische“, so Pachale. Das sei genau die Kombination, die ihm gefalle. Die Alte Schäferei in Ahorn mit ihrem Gerätemuseum und Festen sei genau der Ort, an dem Traditionen gelebt werden. „Wir zeigen altes handwerkliches Können wie das Dreschen und pflegen auch die Traditionen.“ Pachale hat sein Wissen von Gustav Fischer, der einst den Förderverein des Gerätemuseums mitgegründet hat, um das barocke Ensemble oberhalb der Gemeinde Ahorn zu erhalten. „Es wird von Generation zu Generation weitergegeben“, so Pachale.

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Und dazu gehört auch das Wissen um die Coburger beziehungsweise Südthüringer Tracht aus der Itzgründer Gegend, die bis um das Jahr 1850 das Bild in der Region prägte. Eine Besonderheit ist der Coburger Brautzug – eine Hochzeitgesellschaft aus dem Jahr 1840. „Braut und Bräutigam waren damals in dunkeln schwarzen Farben gekleidet“, so Pachale. Die festliche Kleidung aus dem 19. Jahrhundert wurde originalgetreu nachgeschneidert, bei besonderen Anlässen und Umzügen waren Pachale und seiner Frau Lyane dabei. Leider sei die Darstellung des Brautzuges seit einigen Jahren nicht mehr möglich, bedauert Pachale. Es fehle an Nachwuchs, vor allem an einem jungen Brautpaar. „Wir sind zu alt geworden, um als Brautpaar mitzumachen“, sagt er. Pachale bedauert das sehr, hofft aber auch, dass sich irgendwann wieder Jüngere finden, die in die alten Gewänder schlüpfen möchten und den Brautzug wieder zum Leben erwecken. Die Kleidung kann übrigens beliebig erweitert werden, so Pachale. Noch in den 1970er und 1980er Jahren galten Trachten als altbacken und bieder, heute sind sie längst wieder im Trend und erleben sogar einen richtigen Boom: Rock, Mieder und Lederhose sind wieder en vogue. Vor einigen Jahren erlebte auch die Coburger Tracht eine Erneuerung und wurde modisch und zeitgemäß aufgefrischt. Die Schorkendorfer Musikanten zum Beispiel spielen bei Festen in der original Coburger Tracht auf.

Trachten ebenso wie alte Traditionen und Brauchtümer sind eben kein alter Hut, das zeigt sich auch beim Museumsfest in Ahorn. Dort sind alle Generationen vertreten und schauen Karl-Ulrich Pachale über die Schulter, wenn er Kraut hobelt und einstampft- mit viel Muskelkraft wie in alten Zeiten.

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