Mutige Ideen #49

Einbahning um Coburgs Osten

Das Feedback

Unsere dritte mutige Idee im COBURGER 48 im Dezember war eigentlich nicht wirklich mutig. Viele andere Städte haben ähnliche Ideen schon umgesetzt, unterwerfen das innerstädtische Leben nicht mehr dem Auto, sondern der innerstädtischen Lebensqualität. Ein Beitrag dafür könnte in Coburg eine Einbahnstraße um den östlichen Teil der Innenstadt sein, eine Einbahnstraße mit stark reduziertem Tempolimit. Den freiwerdenden Platz, so unsere Idee, könnte man nutzen für zweispurige neue Mobilität, Fußgänger, Fahrräder, E-Bikes, Roller, kleinteiligen ÖPNV zum Beispiel, aber vor allem auch für mehr Grün, mehr Aufenthaltsräume, mehr Außengastronomie, die uns alle ja schon in den beiden Corona-Sommern schon begeistert hat. Eine solche Regelung könnte in Coburg den Bereich betreffen von der Schützenstraße über die Obere Anlage, die Steingasse, die Grafengasse, den Theaterplatz und den Oberen Bürglaß bis hin zur Heiligkreuzstraße. Die Vorteile lägen auf der Hand: Ein besserer Verkehrsfluss und mehr Sicherheit, vor allem aber mehr Platz für Menschen, für Grün, für Lebensqualität, und damit am Ende mehr innerstädtische Attraktivität.

Soweit unsere dritte mutige Idee. Wir vom COBURGER haben dazu auch wieder die Fraktions- und Ausschussvorsitzenden im Coburger Stadtrat sowie den Oberbürgermeister um eine Stellungnahme gebeten mit knapp zwei Wochen Vorlauf zum Redaktionsschluss. Hier die eingegangenen Stellungnahmen, zur besseren Lesbarkeit teilweise redaktionell bearbeitet:


Bündnis 90/Die Grünen:

„Eine Einbahnregelung für den motorisierten Verkehr rund um die Coburger Innenstadt klingt zunächst verlockend, aber sie reduziert nicht in gewünschtem Maße die Zahl der Fahrzeuge, produziert auf Nebenstraßen, die der Einbahnrichtung gegenläufig genutzt werden, zusätzlichen Verkehr und bringt aller Voraussicht nach nicht all die Vorteile, die von einem Einbahnverkehr erhofft und erwartet werden (mehr Sicherheit, mehr Platz für Radfahrende und Fußgängerverkehr, höhere Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum).

Statt der vom „Coburger – Das Magazin“ vorgeschlagenen Einbahnstraßenregelung im östlichen Teil der Innenstadt wären auch sogenannte „modale Filter“ mit (versenkbaren) Pollern im Bereich des Theaterplatzes oder der Rückertstraße denkbar,
die dafür sorgen würden, dass ÖPNV sowie Fuß- und Radverkehr passieren könnten, auch
Anlieger- und Zielverkehr möglich wäre, aber in dem Bereich der motorisierte Individualverkehr nennenswert reduziert würde und damit die geschilderten positiven Effekte für eine verbesserte Aufenthaltsqualität ggf. noch stärker in den Vordergrund treten könnten. Die Baustelle mit Sperrung der Rückertstraße im vergangenen Jahr hat gezeigt, dass sich das Verkehrsaufkommen im östlichen Teil der Coburger Innenstadt deutlich reduzierte; der motorisierte Individualverkehr hat sich andere, weitläufigere Wege gesucht. Und in der Rückertstraße konnte Außengastronomie betrieben werden.

Einbahnreglungen halten wir stattdessen z.B. bei folgenden Straßenabschnitten für überlegenswert: Bahnhofstraße von Kreuzung Hindenburgstraße bis Kanalstraße – nördlicher Teil: Für sicheren Begegnungsverkehr ist die Bahnhofstraße in diesem Bereich zu eng. Ausweichmöglichkeiten sind vorhanden. Eine Einbahnregelung würde auch Möglichkeiten schaffen, den Straßenverlauf attraktiver zu gestalten und einen sicheren Radweg einzurichten.

Ketschendorfer Straße: Die Ketschendorfer Straße ist vor allem im Bereich vor dem Klinikum ein ständiges Ärgernis und letztlich einfach nicht breit genug für die Wünsche aller Beteiligten. Mit einer Einbahnregelung könnte sowohl Kurzzeitparken vor der Bäckerei und den anderen Läden in diesem Bereich realisiert werden, als auch Radwege und eine genügend breite Fahrbahn. Die bestehende Bushaltestelle nordwärts müsste an den Postweg verlegt werden – der Fußweg von der derzeitigen Haltestelle bis zum Haupteingang des Klinikums würde sich dadurch sogar verkürzen. Nordwärts gerichteter Verkehr kann von Creidlitz aus ohne größeren Umweg über Postweg, Bamberger Straße (und ggf. Max-Brose-Straße) geführt werden. Die Einbahnregelung kann man mit einer langen und einer kurzen Variante denken. Sonntagsanger: Der südwärts gerichtete Verkehr aus der Lossaustraße oder vom Parkhaus Mauer
sollte nicht über den Sonntagsanger geführt werden, sondern sinnvoller durch die Judenberg-Unterführung über die B4 abgeleitet werden. Damit entschärft sich das bisher höchst problematische Linksabbiegen des Radverkehrs auf den Brockhardsteg ins Zinkenwehr und Richtung Innenstadt.

Nordteil der Uferstaße: Das Befahren der Uferstaße nordwärts ab Karchestraße macht überhaupt nur Sinn, wenn man auf die Frankenbrücke nach links über alle vier Spuren abbiegen möchte. Das ging laut unfallatlas.statistikportal.de/ in vier der (vor-)letzten fünf Jahre (die Daten von 2021 sind noch nicht eingepflegt) auch ab und zu gründlich schief. Der Umweg über die Ampel an der Karchestraße auf die Bamberger Straße und dann über die Angerkreuzung (die für das ggf. sogar zweispurige Linksabbiegen aus Süden ertüchtigt werden könnte) beträgt wenig über 100 m.

Rosenauer Straße / Wiesenstraße / Heiligkreuzstraße: Da nahezu parallel zur Rosenauer Straße die Wiesenstraße verläuft, könnte auch hier – und insbesondere in der Heiligkreuzstraße, die in den kommenden Jahren durch den Um- und Anbau des ehemaligen Wohnbau-Gebäudes zu einem attraktiven Wohnviertel weiterentwickelt werden soll – der motorisierte Individualverkehr zurückgenommen bzw. gleichmäßiger verteilt werden.

Natürlich gibt es auch innerhalb der Coburger Grünen Diskussionen und keine abschließenden Ergebnisse in einzelnen Details. Und natürlich müssten alle Vorschläge gründlich mit der städtischen Verkehrsplanung, der Polizei, der SÜC Bus & Aquaria GmbH, dem ADFC, dem Kinderbeauftragten und Vertreter*innen von Senioren und Menschen mit Beeinträchtigungen besprochen werden (es sollen keine vulnerablen Gruppen benachteiligt werden). Gleichwohl wären wir bereit, einen mutigen Schritt nach vorne zu gehen und den Verkehr in Coburg anders zu organisieren: Zur Verbesserung der Sicherheit und Aufenthaltsqualität in der Stadt, zur Reduktion von Treibhausgasen und anderen verkehrsbedingten Emissionen (Lärm, Feinstaub, Stickoxid etc.), zur Schaffung positiver innenstädtischer Entwicklungen für Mensch und Natur. Denn so, wie es gegenwärtig ist, darf es nicht bleiben!“


ProCoburg:

„Generell wäre zunächst eine gedankliche Flexibilität zu diesem Thema bei allen wünschenswert. Über das „wie“ kann man dann noch streiten bzw. sich austauschen. Wir sind uns sicher, dass wir eine Veränderung in vielen Bereichen unseres Lebens benötigen, um die notwendigen Klimaziele zu erreichen. Ein Teil dieses Veränderungsprozesses ist sicher die Mobilität generell, aber auch, wie wir den vorhandenen Verkehrsraum sinnvoll aufteilen. Insbesondere in einer Stadt wie Coburg mit schmalen Gassen und Straßen muss der verfügbare Platz intelligent genutzt werden. Wir dürfen niemand gegeneinander ausspielen – alle Verkehrsteilnehmer sollten von den Verbesserungen profitieren, egal ob Auto, Fußgänger oder Radfahrer. Dazu sind neue Ansätze nötig, das o.g. Beispiel ist ein guter Ansatz, der es wert ist, von verschiedenen Seiten beleuchtet zu werden. PRO Coburg würde diesen Test und diesen Prozess nach Kräften gerne begleiten.“


Persönliche Anmerkung:

Vom Oberbürgermeister und von den anderen Fraktionen CSU/JC, SPD und CSB und Ausschussgemeinschaften ging keine Stellungnahme ein, wie auch schon bei unseren Mutigen Themen Rathausneubau und Verkürzung der Amtszeiten für Bürgermeister und Stadträte. Langsam fragen wir uns zunehmend verzweifelt, woran das wohl liegt? Desinteresse? Arroganz? Überarbeitung? Wir wissen es nicht. Die FDP hatte bisher immer eine Stellungnahme abgegeben, dieses Mal nicht.

Schon immer war der COBURGER gerne mal ein bisschen politisch, hat seine Meinung gesagt, überspitzt, kommentiert, karikiert, so auch in der allerersten Ausgabe im November/Dezember 2012. Im Leitartikel schrieben wir damals zur Zukunft der Stadt: „Die Kunst des Machbaren hat das Regiment übernommen. Coburg, so scheint es, hat nur noch ein Ziel: dem demografischen Wandel die Stirn zu bieten. Es soll am besten alles so bleiben wie es ist.“ Manches ändert sich halt nicht ….

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