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Nie wieder! #22

Wenn der Urlaub zum Fiasko wird

Die Sommerferien stehen vor der Tür und mit ihnen geht es für Millionen von Deutschen in den wohlverdienten Urlaub. Im besten Fall gibt man schnell sein Gepäck auf, steigt zügig in den Flieger ein, landet im Urlaubsparadies und verbringt dort wunderbare Tage. Es kann aber auch anders kommen …

Wenn’s mal wieder länger dauert

Verspätung oder gar ein gecancelter Flug, wenn vor dem eigentlichen Urlaub, der Weg dort hin zum Albtraum wird, ist die Urlaubslaune schnell zerstört. Das mussten auch vor einigen Tagen die Passagiere der Airline erfahren, deren Flug von Frankfurt in das Urlaubsparadies Kuba erst dreimal um je zwei Stunden verschoben wurde und dann doch nicht am geplanten Abflugtag abhob. Der Flug wurde am Abend ohne Angaben von Gründen gecancelt, und die Passagiere waren gezwungen sich entweder ein Hotel zu suchen oder im Flughafen zu nächtigen. Nach einer Nacht in Frankfurt sollte es endlich mit einem weiteren Ersatzflug, nach Kuba gehen. Doch es folgte wieder die Enttäuschung! Auch dieser Flug wurde annulliert. Die Passagiere mussten noch weiter zwölf Stunden warten. Erst am späten Abend hob der Flieger ab in Richtung Kuba. Die Airline entschuldigt sich ausdrücklich für die Unannehmlichkeiten. Ob die Entschuldigung den Urlaubern reicht, ist aber mehr als fraglich.

Urlauber da – Gepäck verschollen

Ein weiteres Horrorszenario kann einem den Urlaub vermiesen obwohl er noch nicht einmal richtig begonnen hat. Frisch im Urlaubsparadies gelandet eilt man voller Vorfreude zur Gepäckausgabe, um den vollgepackten Koffer abzuholen. Man wartet und wartet– und am Ende kommen viele Koffer, aber vom eigenen Koffer fehlt jede Spur. Da kommt sicherlich keine Freude auf. So in etwa muss sich auch ein deutscher Backpacker gefühlt haben, der eine vierwöchige Reise durch Südostasien geplant hat und am Ende mehr als 48 Stunden am Flughafen in Bangkok auf seinen Rucksack warten musste. Das ist dann mal ein super Start in den Urlaub, wenn man quasi alles was man braucht auf einmal nicht mehr hat und seine Route wegen der verstrichenen Zeit noch einmal neu durchplanen muss. Dass ein solcher Gepäckverlust nicht gerade selten ist, zeigt eine Statistik der auf Luftfahrtdaten spezialisierte Organisation SITA: Je 1000 Passagiere gehen fast 12 Gepäckstücke verloren, in Summe sind das mehr als 25 Millionen Koffer weltweit pro Jahr. Die gute Nachricht ist, nach etwas mehr als zwei Tagen hatte der Backpacker seinen Rucksack wieder, der beim Zwischenstopp in Dubai wohl vom Förderband fiel.

Wo ist eigentlich unser Koffer?

Vorbeugen ist in diesem Fall sehr schwierig. Wichtig ist: Den Koffer zu beschriften, im Koffer noch einmal die Handynummer nennen und bloß nicht den Gepäckzettel vom Check-In verlieren. Von Vorteil können auch Direktflüge sein, denn mehr als die Hälfte der Kofferverluste passieren bei Zwischenlandungen. Oft werden die Koffer auf das falsche Förderband oder Gepäckwagen geschmissen und reisen irgendwo ins Nirgendwo. Ein weiterer häufig vorkommender Fehler: Die eingecheckten Gegenstände verlassen erst gar nicht den Abreiseflughafen um die Reise mit seinen Besitzer anzutreten. Auch möglich sind die Klassiker Koffer-Verwechslungen und Fehler beim Check-In. Die gute Nachricht für alle, die mit angstbedingten Schweißperlen auf den Kopf an der Gepäckausgabe warten: Fast alle verschollenen Koffer tauchen wieder auf. Nur 3,4 Prozent der Koffer und Taschen, die verloren gingen, finden nicht mehr zu ihrem Eigentümer. Die schlechte Nachricht: Man muss die Zeit ohne Koffer irgendwie überbrücken. Manche Airlines bieten bei Verlust an sich mit dem Nötigsten auf deren Kosten einzudecken. Wie das genau aussieht, entscheiden die Flugklasse und der Flugpreis. Wenig zu erwarten haben somit die Passagiere, die in der Bananenklasse der Billigairline unterwegs sind. Für die Hilft nur eines Toi, Toi, Toi!

Irgendwie sah das im Prospekt doch anders aus

Neben einem verspäteten Flug und dem verlorenen Koffer kann auch das Hotel zum Albtraum für den Urlauber werden. Strahlend blauer Pool, weißer Sandstrand und eine moderne Hotelanlage mit tollem Ambiente. Die Anzeigen von Hotels in Reisekatalogen, Internet und im TV sind eigentlich immer vielversprechend, was einen dann aber wirklich erwartet, bekommt man oft erst vor Ort präsentiert. Wenn der Pool aussieht wie ein gekippter Weiher, vom Strand vor lauter Müll der Sand kaum zu sehen oder das Zimmer einfach nur dreckig ist, wird aus dem geplanten Traumurlaub schnell ein Albtraum. Um entschädigt zu werden ist vor allem schnelles Handeln gefragt. Aber nicht jede Abweichung der eigenen Vorstellung stellt auch tatsächlich einen Mangel dar. Wer etwa auf Sandmücken am Strand trifft, kann nicht damit rechnen, eine Entschädigung zu bekommen. Die Insekten sind meist ortsüblich und daher als Unannehmlichkeit zu akzeptieren. Auch kann man keine Rückerstattung erwarten, wenn das Hotelpersonal im Ausland kein Deutsch spricht. Wer vor hat zu Reklamieren, muss Beweise sichern, am besten geeignet sind hier Fotos des Mangels machen, und sich die Namen von ebenfalls betroffenen Mitreisenden geben lassen.

Checkup vor dem Urlaub

Sonne, Strand, Berge, Seen, Erholung. Ein paar Tage lang, ein, zwei, vielleicht sogar drei Wochen keinen Alltag, keinen Stress. Sich verwöhnen lassen, baden, wandern, einmal richtig Zeit für die Familie haben, andere Kulturen kennenlernen. Die Erwartungen an den Urlaub sind groß. Er soll die schönste Zeit des Jahres werden, die Vorfreude trägt durch die Wochen davor. Das Planen, das Packen sind liebgewordene Gewohnheiten. Doch dann wird aus dem Traumurlaub ein Albtraum. Weil alles schiefgeht, weil die Wirklichkeit mit den Versprechungen nicht mithalten kann, weil etwas passiert. Was ist dann zu tun? Informationen dazu von Lutz Lindner, der bei der Kanzlei Hörnlein & Feyler in Coburg auf Reiserecht spezialisiert ist.

Sicher ans Ziel

Wenn im Urlaub etwas schiefgeht, dann meistens schon bei der Anreise, weiß Lindner aus jahrelanger Erfahrung in der Kanzlei. Ein Stau durch einen Unfall, eine Totalsperrung, es geht nicht vorwärts, stundenlang. Der Flieger ist schon lange weg, der Urlaub noch viel weiter. Wenn so etwas passiert, hat man „Pech gehabt“, drückt es Lindner aus. Probleme bei der Anreise, defektes Auto, Stau, „das wird als normales Lebensrisiko gewertet.“ Chancen auf Entschädigung hat man dagegen bei der Anreise mit dem Zug. Bei mindestens einstündiger Verspätung heißt es nämlich: Schadensersatz von der Bahn. Wenn man beim Reiseveranstalter die Option Rail&Fly gebucht hat, der Zug sich aber verspätet und man dadurch den Flug verpasst, haftet der Reiseveranstalter – aber nur unter der Voraussetzung, dass man als Reisender nicht den letztmöglichen Zug genommen hat.

Am Flughafen drohen die nächsten Pannen: Ein Flug wird gestrichen oder hat mehr als drei Stunden Verspätung oder man verpasst einen Anschlussflug. In solchen Fällen gibt es bis zu 600 Euro pro Person pauschalen Schadensersatz, abhängig vom Land des Start- und Zielortes und vom Sitz der Fluglinie. Auch Kosten für eine notwendige Hotelübernachtung, den Rücktransport oder sogar Verdienstausfall können ersetzt werden. Die Fluglinie haftet allerdings nicht bei höherer Gewalt, wie wenn Umweltkatastrophen oder auch ein einfacher Vogelschwarm den Flieger außer Gefecht gesetzt haben, und vor allem wenn man Kontakt zur Fluglinie aufnehmen und nach einem Gang vor Gericht ein Urteil auch vollstrecken kann.

„Es gibt auch Fluggesellschaften, da ist schon die Kontaktaufnahme äußerst schwierig“, weiß Lutz Lindner. Er empfiehlt daher seriöse Unternehmen, die Interesse an guten Lösungen und einem entsprechenden Image haben. Deutsche Fluggesellschaften seien außerdem von Vorteil, weil man schlichtweg einfacher und in der eigenen Sprache kommunizieren kann. Aber auch das ist noch keine Garantie, dass man zu seinem Recht kommt. Wenn das alles nichts nutzt, hilft vielleicht noch die „Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr in Berlin“. Oder am Ende natürlich auch der Gang vor Gericht.

Mängel gleich melden

In fast allen Fällen aber kommen Urlauber gut und auch pünktlich am Ziel der Träume an. Das aber kann sich dann aber eben auch als absoluter Albtraum herausstellen. Ein Klassiker sind Mängel beim Hotel. Die Betten sind zu kurz, die Zimmer zu klein, der Pool ist kalt, das Essen auch. Und überhaupt sieht die Unterkunft ganz anders aus als angekündigt. Wichtig ist es in einem solchen Fall, „sofort die Reiseleitung oder den Reiseveranstalter zu informieren.“ Der bekommt dadurch die Möglichkeit, zu reagieren und den Mangel abzustellen. Und er ist auch derjenige, der haftet, wenn ein Mangel nicht abgestellt wird. „Wenn ich nicht ordnungsgemäß beim Reiseveranstalter rüge, habe ich später keine Chance auf Minderung des Reisepreises.“ Außerdem muss der Urlauber den Mangel ausgiebig dokumentieren, Fotos oder Filme machen, ein Tagebuch führen. „Und wenn es ganz unerträglich ist, muss man sagen, ich reise ab, ich kündige den Reisevertrag.“ So oder so geht es nach dem Urlaub darum, sich gleich um sein Geld zu kümmern: Nach einem Monat nämlich erlöschen Ansprüche gegen den Veranstalter. Doch wenn das Hotel wie in den meisten Fällen alle Wünsche erfüllt, dann kann einem eigentlich nicht mehr viel die schönste Zeit des Jahres vermiesen: Krankheiten oder Unfälle beispielsweise. Die machen natürlich auch vor Urlaubern nicht halt. „Da sollte jeder Reisende vorher gucken, ob er eine Auslandskrankenversicherung hat und vor allem was diese abdeckt.“ Oft nämlich beinhaltet die Versicherung nur einen Transport bis zum nächsten Klinikum und eben nicht den Flug nach Hause. Und bei besonderen Aktivitäten wie zum Beispiel Bergwandern muss außerdem eine Zusatzversicherung abgeschlossen werden, die Rettung von einem Berggipfel nämlich kann sonst leicht einen fünfstelligen Betrag kosten.

Wenn man das aber alles vorher abgecheckt hat, steht einem sorgenfreien Urlaub auch für den Fall des Falles nichts mehr im Wege. Schöne Ferien.

Lutz Lindner ist Fachanwalt für Arbeits- und Verkehrsrecht in der Kanzlei Hörnlein & Feyler in Coburg. In seinen Bereich fällt unter anderem der Bereich Reiserecht.

von Benedikt Dellert

 

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