Sonderthema Ressourcen: Arzt ohne Einser-Abi #58

von Gabi Arnold | Fotos. Val Thoermer

Dr. Joshua Schramm hat seinen Traumberuf gefunden: Er ist Chirurg am Regiomed-Klinikum in Lichtenfels. Der 26-Jährige hat sein Medizinstudium an der Medical School Regiomed als Jahrgangsbester abgeschlossen. Das Besondere: Dort ist der Weg zum Medizinstudium auch ohne ein Einser-Abitur möglich.

Schramm besucht das Gymnasium in Kronach und schließt das Abitur mit der Note 2,0 ab. Da deutsche Universitäten einen Numerus Clausus (NC) von 1,0 voraussetzen, scheidet ein Medizinstudium auf konventionellem Wege aus. Nach dem Abitur entschließt sich der junge Mann für ein Jahr Bundesfreiwilligendienst im Rettungsdienst. Der Kronacher fährt anfangs Krankentransporte und hilft später bei der Notfallrettung. Durch den Kontakt zu Notärzten und Patienten wird sein Wunsch, selbst Arzt zu werden, verstärkt. Die Medical School Regiomed ist damals noch unbekannt. Die Möglichkeit, auch ohne NC Medizin zu studieren, kennt Schramm nicht. Bis seine Mutter in der Zeitung eine Anzeige über die Medical School Regiomed liest. Schramm bewirbt sich sofort, erhält eine Einladung zu den Auswahltagen und kommt seinem Traum ein Stück näher.

Bei den Auswahltagen halten alle Bewerber einen Vortrag über zehn Minuten. Es kann sich um ein medizinisches Thema handeln, muss es aber nicht. Schramm widmet sich dem Thema Sterbehilfe. „Ich dachte, es ist ein sehr kontroverses Thema, zu dem es viele Meinungen und Diskussionsstoff gibt. Außerdem ist es immer aktuell.“ Nach dem Vortrag vertiefen die Ärzte der Medical School in Einzelgesprächen ihren Eindruck über den potenziellen Mediziner-Nachwuchs. Die Ärzte führen einen Teil des Gesprächs in englischer Sprache, da die Studierenden in den ersten drei Jahren im kroatischen Split ausgebildet werden. Die Voraussetzung zur Aufnahme in die Medical School sind zudem ein Sprachzertifikat und eine dreimonatige Pflegeausbildung.

Der erste Jahrgang startet 2016 mit 25 Studierenden, 17 werden das Studium an der Medical School erfolgreich abschließen. Einige Teilnehmer wechseln, da sie in Deutschland einen Studienplatz erhalten.

Drei Jahre an der School of Medicine der Universität Split

Split liegt in einer Touristenregion direkt am Meer. Der Kronacher studiert dort, wo andere Urlaub machen. Schramm ist 19 Jahre alt. Es ist das erste Mal, dass er längere Zeit von zu Hause weg ist und alleine lebt. Er erinnert sich: „Es war aufregend und etwas Neues, aber am Anfang war es schon eine Umstellung.“

Die Eingewöhnungsphase dauert drei Monate. Danach wird „gepaukt und geackert“, denn das Medizinstudium zählt zu den anspruchsvollsten Studiengängen überhaupt. „Wenn man Arzt werden möchte, sollte man sich dessen bewusst sein. Alles, was man während des Studiums lernt, wird später dem Patienten helfen.“ Die ersten drei Jahre in Split werden die Studierenden in der sogenannten Vorklinik ausgebildet, in der die theoretischen Grundlagen der Medizin gelehrt werden. In weiteren drei Jahren in den REGIOMED-Kliniken lernen die angehenden Ärzte Basisfächer wie Physik, Biologie oder Pharmakologie. Im klinischen Teil geht es mit der Inneren Medizin wie Kardiologie, Gefäßchirurgie, Chirurgie oder Urologie weiter. „Das sind die Fächer, die praktische Fähigkeiten erfordern“, erklärt Dr. Schramm.

Angekommen im Klinikum Lichtenfels

Dr. Schramm arbeitet in der Allgemeinchirurgie im Lichtenfelser REGIOMED-Klinikum. Er plant, sich später auf plastische Chirurgie zu spezialisieren. Dieses Gebiet umfasst sowohl die Verbrennungs- als auch Handchirurgie, rekonstruktive Chirurgie und die klassische ästhetische Chirurgie. „Ich finde Chirurgie faszinierend, weil ich Patienten unmittelbar helfen kann.“

Der junge Mediziner möchte in den kommenden Jahren hierbleiben, am Klinikum in Lichtenfels fühlt er sich wohl. Auch wenn ihn seine Facharztausbildung in andere Gefilde bringen sollte, kann er sich vorstellen, wieder in die Region zurückzukehren. „Ich bin sehr heimatverbunden“, sagt er. Auf das Medizinstudium blickt er gerne zurück. „Es war ein schönes Abenteuer, obwohl es auch anstrengend war und es schlaflose Nächte gab“, bekennt er. Dr. Schramm rät allen, die Arzt werden möchten und keine 1,0 im Abiturzeugnis stehen haben: „Nicht aufgeben, am Ball bleiben und den Glauben behalten. Wenn man für Medizin brennt, schafft man es.“

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