Lippen

Süße Versuchung #18

DIE EROTIK DER SCHOKOLADE

Schon Schauspieler und Regisseur Mel Gibson weiß, dass Schokolade mehr ist als nur süß: „Nach ungefähr 20 Jahren Ehe kratze ich schließlich an der Oberfläche dessen, was Frauen wollen. Und ich glaube, die Antwort liegt irgendwo zwischen Gesprächen und Schokolade“, wird er zitiert. Mit dieser Erkenntnis ist er lange nicht der einzige: Casanova bezeichnete Schokolade als das „Elixier der Liebe“. Und bekanntermaßen hatte er großen Erfolg beim weiblichen Geschlecht. Vielleicht ja auch deswegen. Was also ist dran an der süßen Versuchung?

„Kein zweites Mal hat die Natur eine solche Fülle der wertvollsten Nährstoffe auf einem so kleinen Raum zusammengedrängt wie gerade bei der Kakaobohne.“

Alexander von Humboldt – Naturwissenschaftler

Die Kakaobeere – schon lange wissen Menschen die besondere Wirkung der Frucht zu schätzen. Aus dem Jahr 1150 vor Christus datieren die ersten Hinweise auf eine Nutzung als Nahrungsmittel, allerdings wohl eher des Fruchtfleisches, nicht der bis zu 50 Samen, der Kakaobohnen. Kurz danach waren es dann die Olmeken am Golf von Mexiko und vor allem die Mayas, die den Anbau der Kakaobäume mit ihren ovalen bis zu 30 Zentimeter langen Beeren kultivierten. Kakao galt als berauschend und erotisierend, so dass ihm sogar ein eigener Gott zugeschrieben wurde – Ek Chuah. Damit war die göttliche Frucht lange Zeit nur der Elite vorbehalten, dem Adel, Kriegern oder Priestern, war teuer und wurde sogar als Zahlungsmittel eingesetzt.

Montezuma liebte Schokolade

Mit unserer heutigen Tafelschokolade, Pralinen oder Schokoriegeln freilich hatte die damalige Anwendung rein gar nichts zu tun: Kakao gab es nur in flüssiger Form. Das wusste Montezuma zu schätzen, Herrscher der Atzteken. Er trank Schokolade wie andere Wasser, weil dieses Getränk es „einem Mann erlaubt, einen ganzen Tag zu bestehen, ohne zusätzliches Essen.“ Auch, nachdem die Spanier die besondere Frucht mit nach Europa holten, blieb das jahrhundertelang so. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war es einem gewissen Rodolphe Lindt vorbehalten, die erste Tafelschokolade herzustellen. Mittlerweile war die ganz besondere Frucht in großen Teilen der Bevölkerung angekommen und nicht nur der Elite vorbehalten.

Die Dosis macht den Unterschied

Doch ist die Schokolade nun gesund, erotisierend oder sogar ein Aprodisiakum? Da scheiden sich die Geister. Schokolade senkt zwar den Blutdruck, aber nur wenn sie viel Kakao enthält und wenn man reichlich davon isst. Doch weil die süße Versuchung dummerweise eine ganze Menge Kalorien enthält, droht Übergewicht. Und das ist für Herz und Kreislauf ganz und gar nicht gesund. Auch bei einer weiteren Wirkung von Schokolade ist das so: Sie macht zwar wach und aufmerksam. Die im Kakao enthaltenen Polyphenole und Flavonole erweitern die Blutgefäße im Gehirn, eine verbesserte Wahrnehmung ist die Folge. Doch auch hier muss man schon ordentlich Schokolade futtern, um einen Effekt zu merken.

Die pure Lust am Naschen

Eines aber ist unbestritten: Schokolade macht glücklich. Weniger, weil chemisch betrachtet manche Inhaltsstoffe der Kakaobohne für einen erhöhten Pegel des Glückshormons Dopamin sorgen, andere im Gehirn des Glücks- und Lustempfinden verstärken – das nämlich wird von Schokoskeptikern auch bezweifelt – sondern weil wir Schokolade mit schönen Erlebnissen verbinden, mit Kindheit, mit einem romantischen Abend, mit Liebe. So wird auch die aphrodisierende Wirkung von Schokolade vor allem mit der Bedeutung erklärt, die ihr zugeschrieben wird: Die pure Lust am Naschen, Knabbern und Schlecken von Schokolade sorgt für genug erotischen Impetus.

suesse_versuchung_930px

Europäer sind süß

Und in der Tat verraten Statistiken auf den ersten Blick einen Zusammenhang von Schokoladengenuss und erotischen Erlebnissen: In Großbritannien, Deutschland, der Schweiz und Österreich nämlich wird ziemlich viel Schokolade vertilgt. Acht bis zehn Kilogramm Naschereien jedes Jahr. Die entsprechende Kalorien werden dann aber auch wieder auf sehr zwischenmenschliche Art und Weise abtrainiert: Mit 60 bis 80mal Sex pro Jahr im Schnitt. Einer italienischen Studie zufolge trägt ein süßes Mitbringsel des Mannes zu einem auch erotisch befriedigenden Date bei. In den USA, Australien und Kanada hält man davon wohl weniger, dort liegt der Schokoladenkonsum fast um die Hälfte unter den europäischen Spitzenreitern, und mehr als 60mal intensiver körperliche Begierde pro Jahr ist dann halt auch nicht drin. In Japan wiederum nimmt man am wenigsten Schokolade zu sich …

Lieber eine Schoko

Es gibt aber natürlich auch Gegenbeispiele, alle Länder mit heißen Temperaturen zum Beispiel. Dort braucht man zum Liebesspiel nicht noch einen süßen Extrakick, außerdem würde dieser sicherlich unter der glühenden Sonne ohnehin dahinschmelzen. Fast schon erschreckend ist dagegen eine andere Zahl: 40% aller Damen zwischen 18 und 55 würden hierzulande laut einer Umfrage gerne jeden zweiten Tag lieber Schokolade naschen als sich von ihrem Partner verführen lassen. Ist die süße Versuchung also wirklich erotischer als die warme Haut des Liebsten? Rund um die Feiertage ist genug Zeit, um sich vom Gegenteil zu überzeugen. Und Schokolade, Pralinen und Lebkuchen gibt es ja ohnehin im Überfluss.

„Chemisch gesehen ist Schokolade tatsächlich das vollkommenste Nahrungsmittel der Welt.“

Michael Levine – Ernährungsforscher

 

Autor: Wolfram Hegen

Quellen: Planet Wissen | Wikipedia | theobroma-cacao.de

    Hinterlassen Sie ein Kommentar

    15 − acht =