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Coburg ist nicht nur Globe #26

Während auf dem Güterbahnhofgelände im Süden der Coburger Innenstadt mit dem Bau des Globe ein neuer Kulturtempel entsteht, pilgern Tausende seit Jahren in den Norden der Innenstadt, in das Gebiet in und um den Steinweg. Sie sind Anhänger einer anderen Kultur, einer Kneipenkultur, die in Coburg getragen wird von vielen Gastronomen, die sich Abend für Abend etwas einfallen lassen müssen, um Gäste anzulocken. Immer wieder sind das auch Konzerte, DJs, Sessions, eine Kultur eben, die zur Urbanität einer Stadt genauso gehört wie die Hochkultur auf der anderen Seite. Die Gastronomen tun das oft genug mit großem Aufwand und auf eigene Verantwortung. Unterstützung oder gar Anerkennung bekommen sie dafür keine. Eher wird ihr „Kiez“ in Coburg als Problem gesehen. Der COBURGER dazu im Gespräch mit Oliver Müller von der Sonderbar im Unteren Bürglass, gleich an der Ecke zum Steinweg.

Oliver Müller zur Clubkultur in Coburg

COBURGER: Was bietest Du Deinen Gästen an in Sachen Kultur, in Sachen Musik?

Also seit fast vierzehn Jahren veranstalten wir in der Sonderbar eine ganze Reihe an Events. Immer so 40 bis 50 Konzerte im Jahr auf unserer kleinen Bühne. Den „Schwof“ habe ich auch noch regelmäßig, DJs, die auflegen. Außerdem eine offene Bühne an jedem dritten Freitag im Monat, wir haben gerne junge Bands als Auftakt, die Bühnenerfahrung sammeln wollen, danach ist die Bühne offen für jeden, da spielen mal mehr, mal weniger mit. Und alles für ein ganz buntes Publikum von Studenten bis hin zu älteren Gästen, quer durch alle Schichten. Wo gibt es so etwas sonst hier? Das ist ein Stück Kultur, das wir hier anbieten. Und das geht nur, weil viele Leute mithelfen, weil sie mit aufbauen, weil sie begeistert sind, nicht nur wegen der Kohle, sondern weil sie etwas auf die Beine stellen wollen.

COBURGER: Wie wird das angenommen?

Also wenn man eine Größe hat wie wir, muss man schon ein Faible dafür haben, muss es gerne machen. Das tue ich, das tun wir, das ist wichtig für die Kneipe, für unser Stammpublikum, das das sehr schätzt. Ich investiere viel in die Konzerte, in gute Technik, engagiere mich, wir haben uns in der Szene einen guten Ruf erarbeitet. Die Bands mögen uns, die wissen das zu würdigen, die spielen auch für relativ geringe Gagen, sonst würde das ja gar nicht funktionieren. Und jeder Gast zahlt nur 3 Euro Kostenbeteiligung dafür. Und wenn einer das nicht einsieht, ist es auch ok, dann schmeißen wir ihn auch nicht raus. Wenn wir richtig Eintritt verlangen würden, dann fallen mehr Gema-Gebühren an, höhere Gagen, du brauchst mehr Personal, Du musst Dich ums Booking kümmern, das ist dann alles noch aufwändiger und dafür ist die Sonderbar ja auch zu klein. Also Geld verdienen wir mit den Konzerten keines, da bräuchten wir eine größere Location, aber bei maximal 90 Gästen kann das natürlich nicht lukrativ sein. Uns geht es dagegen um Clubkultur.

COBURGER: Wird Euer Engagement gewürdigt?

Also von öffentlicher Seite gibt es eine ziemliche Gleichgültigkeit gegenüber dem, was wir hier und ein paar Kollegen in Sachen Clubkultur in Coburg machen. Da gibt es keine Wertschätzung, keine Anerkennung dessen, was wir für Coburg leisten. Auch nicht von Medienseite: Andere Veranstaltungen werden groß angekündigt, über die wird berichtet, bei uns Fehlanzeige. Ich kann mir diese mangelnde Anerkennung nicht erklären, das ist ja keine wirkliche Subkultur, es sind ja ganz normale Konzerte für ganz normale Leute. Mir geht es ums geschätzt werden, dass anerkannt wird, dass wir hier die Clubkultur hochhalten.

COBURGER: Der Steinweg gleich bei Dir um die Ecke ist immer wieder in der Diskussion, wie stehst Du dazu?

Oliver Müller: Also Coburg hat für die Größe der Stadt mit 40 000 Einwohnern eine Vielfalt an Kneipen wie keine andere Stadt in Deutschland. So eine Dichte ist ein hohes Gut, ein großer Wert für die Stadt. Wenn Bands hier bei uns sind und nach dem Auftritt noch eine Runde durch den Steinweg drehen, sagen die auch, Wahnsinn, was hier los ist. Ich höre das immer wieder. Ich verstehe nicht, dass die Stadt nicht mehr Werbung damit macht. Es wird immer gesagt, wir seien eine Studentenstadt, wir seien vorwärts gewandt, aber in Wirklichkeit wird nicht viel für die Szene getan. Und dann sehe ich, was für ein Gedöns um die Markthalle wochen- und monatelang gemacht wurde und dann schau Dir an, was draus geworden ist. Das ist doch ein Trauerspiel. Hier dagegen ist so viel Eigenengagement, bei uns, bei anderen Clubs, das ärgert mich, dass das nicht gewürdigt wird. Stattdessen wird der Steinweg sogar immer nur negativ dargestellt.

COBURGER: Wie stehst Du zum Neubau eines Globe als Kulturtempel der Zukunft?

Ich halte das Globe für einen Segen für Coburg, wenn man das danach einer guten Nutzung zuführt, ist das toll. Das kann man auch nicht vergleichen mit dem, was wir kulturell bieten. Das ist natürlich eine ganz andere Liga. Und ich will das auch nicht gegeneinander ausspielen. Ich wünsche mir nur einfach etwas mehr Sensibilität für die kleinen Anbieter von Kultur in der Stadt, ich und andere. Ich verstehe nicht, warum in Eventkalender, auf Eventseiten Bands beworben werden, die vor 10000 Leuten spielen irgendwo in Franken und am gleichen Tag bei uns ein Konzert stattfindet, das nicht erwähnt wird. Man könnte doch auch sagen: Die Großen brauchen keine Unterstützung mehr, die kleinen Clubs aber schon, oder? Sollen doch alle froh sein um das, was hier los ist. Wir sind nicht nur Globe, wir haben auch eine Clubszene.

 

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