Monaco Franke

Monaco Franke #40

Eine wirklich positive Auswirkung dieser ganzen besch… Coronakrise ist, dass die Menschen mal wieder Zeit für andere, vielleicht wichtigere Dinge hatten. Viele konnten endlich mal mehr Stunden mit ihren Lieben verbringen („Schätzla, was machma’n heut‘?“). Lange haben sich so viele Menschen auch nicht mehr so liebevoll um ihren Garten gekümmert wie in den letzten Monaten. Und während sich die Einen um die Rosen, die Gemüsebeete („iech ernt fei jetz‘ mein‘ eichna Reddich, gelba Ru’m und Erpfel, gell!“) oder ihren Gartenteich hergemacht haben, entdeckten Andere den Wald und das Wandern für sich neu oder legten in Haus und Wohnung Hand an. Nicht nur einmal hat sich der Monaco bei Besuchen im Freundeskreis verwundert die Augen reiben müssen, weil ihn plötzlich eine mintgrüne Küche oder ein türkises Wohnzimmer anfunkelten. „Aamoll die Wänd‘ neu streichen woar ärschtens fällig und is zweitens gut für die Seel’n“, hat er sich dann belehren lassen und kurz – aber nur ganz kurz – überlegt, ob er seinem Schlafgemach nicht mal einen standesgemäßen fränkisch-frischen rot-weißen Anstrich verpassen sollte.

Wer handwerklich nicht so begabt ist, konnte sich derweil auch mit anderen Dingen beschäftigen. Wochenlang waren zum Beispiel kaum mehr Fahrräder zu haben. Ausverkauft ! Als ganz großes neues Lieblingshobby der Pandemie- und Langeweile-Geplagten hat sich aber längst das Puzzeln herauskristallisiert, und zwar ganz egal wie hässlich oder ausgelutscht die Motive auch sein mögen! Gebuzzelt hob iech des letzte Mal, als mir die Lieblingstass’n meiner Fraa runtergfall’n is! 100 Teile, brav z‘sammgsucht und widder schee verklebt! Oba an Anschiss hod’s trotzdem gee‘m!

„Wohin mit der vielen Zeit“ – das haben sich vor ein paar Wochen dann wohl auch zwei Coburgerinnen gedacht. Die durch den gewaltsamen Tod von Georg Floyd in Minneapolis/USA aufgekommene Rassismusdebatte und die daraus resultierende „Black-Lives-Matter“-Bewegung – neben Corona das zweite ganz große Thema in diesem Jahr – hat Juliane Reuther und Alisha Archie dazu animiert, der Stadtspitze auf die Füße zu steigen und eine Petition zu starten. Die beiden Frauen stören sich an der stereotypen Darstellung des Heiligen Mauritius auf dem Stadtwappen, dem “Coburger Mohr“ mit seinen dicken Lippen und dem überdimensionalen Ohrring. Denn: Nach allem, was man weiß, sah Mauritius wohl gar nicht so aus. Er sei nicht einmal schwarz gewesen. Sein Bildnis, so der Vorwurf, sei vielmehr das Ergebnis eines von Vorurteilen geprägten Weltbildes. OB Dominik Sauerteig forderten sie auf, sich von diesem, wie sie finden, rassistischen Überbleibsel der Kolonialzeit zu distanzieren.

Die Antwort aus dem Rathaus ließ nicht lange auf sich warten: „Wenn ein farbiger Mensch der Schutzpatron einer Stadt ist, dann ist das ja eine Ehre und keine Diskriminierung“, ließ Hans-Herbert Hartan (CSU), Coburgs Zweiter Bürgermeister, verlauten und sieht sich in dem Punkt auch mit dem Kulturwissenschaftler Hubertus Habel einer Meinung, dem ehemaligen Stadtheimatpfleger. Das Ansinnen der Petitionsstellerinnen nannte er „sinnbefreit“. Ihm sei völlig schleierhaft , was man in das Wappen hineininterpretieren wolle. Ein Coburger würde eine solche Diskussion kaum führen.

Da hat er seine Coburger aber mal falsch eingeschätzt. Denn seitdem wird mit allen Bandagen diskutiert und argumentiert, was das Zeug hält. Inzwischen gibt es auch eine Gegenpetition, die sich für den Erhalt des Stadtwappens ausspricht. Beide Parteien haben inzwischen jeweils mehr als 2.000 Unterschriften gesammelt. Der Streit um den „Coburger Mohr“ – Rassismus auf der einen oder Verehrung und Bewunderung für die Mauren auf der anderen Seite – ist in vollem Gange. Ausgang: offen. So wie die Diskussion läuft , fragt sich der Monaco schon, ob wir denn keine anderen Probleme haben. Andererseits: Wie immer die G’schicht ausgeht: Is doch gut, dass drüber g’redt wird, es auch mal ein politisch-gesellschaftliches Thema auf die Agenda schafft und dass Argumente ausgetauscht werden! Mit dem gleichen Herzblut würde in München bestenfalls diskutiert, ob’s a Oktoberfestplakat ohne Maßkrug und Brezn geben derf oder ob es die Freiheit der Bürger beeinträchtigt, wenn man im Biergarten mit Mund-Nasenschutz aufs stille Örtla gehen muss.

Wie Mauritius, der seit dem 4. Jahrhundert als Heiliger verehrt wird, überhaupt auf das Coburger Stadtwappen kam, ist interessant: Beim Transport der Reliquien von der Schweiz nach Magdeburg zwischen dem 10.- und 12. Jahrhundert wurden Mauritius‘ sterbliche Überreste in der heutigen Morizkirche zwischengelagert. Die Kirche erlangte so die Schutzherrschaft , und Mauritius wurde zum Heiligen der Coburger Bürgerschaft . Im 1354 tauchte der Kopf dann erstmals auf einer Münze in Coburg auf und wurde zum Symbol der bürgerlichen Gesellschaft . 1580 erschien der Kopf des Mauritius dann zum ersten Mal im Wappen der Stadt. Dabei ist es bis heute geblieben, sieht man mal von 1934 bis 1959 ab, als die Nazis Coburg kurzzeitig ein neues Stadtwappen verpassten.

Braucht’s jetzt also wieder ein neues? Und was wäre dann darauf zu sehen? Also der Monaco wüsst‘ da scho was: Wie wär’s mit Prinz Albert und Queen Victoria mit HuK-Schutzschild und a boar Sambatrommeln vor’m Ketschentor und einem Begrüßungsschild mit Brose-Schriftzug?! Blöde Idee, ich geb’s zu! Aber des kummd davo, wenn man zu viel Zeit hat. Und weil Urlauben ja auch noch unsicher ist, bleib ich jetzt dahaam und buzzel das Schloss Neuschwanstein. Schätzla, schau wie iech schau!

Für den COBURGER von Wolfram Porr

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