„Residenz- und Herzogstadt“, „Hochschulstadt“, „Vestestadt“, aber auch „Designstadt“, „Sambastadt“ oder „Sportstadt“ – es ist ganz erstaunlich, was sich die Stadt Coburg so alles auf die Fahnen und die Ortsschilder schreibt. Und das ist ja längst nicht alles. 42 solcher „Stadtbegriffe“ werden Coburg zugeschrieben, teils historisch begründet wie „Garnisonsstadt“, „Lutherstadt“ oder „Reformationsstadt Europas“, teils Resultat der Eingebung findiger Marketingstrategen, wie die Beispiele „Digitale Einkaufsstadt“ oder ganz aktuell „Familienstadt“ zeigen. Echte Cobuicher sind so oder so arch stolz auf diese (teils künstlich hinzugedichtete) Vielfalt, weshalb sie ihre Stadt liebevoll nur „Fränkische Krone“ nennen. Na ja. Da sooch iech amaal, da hat die Farb‘ von den Blüüdn ausm Rosengadden a bissala auf die Brill’n abgefärbt, gell!

Als jemand, der schon immer in der Region lebt und – außer im Urlaub nach Mallorca oder Bibione – nie wirklich mal rausgekommen ist, fällt das ja vielleicht gar nicht mehr auf. Doch logisch, dass Coburg auch Bratwurst-, Bier- und Kinderstadt ist. Es gibt hier ja schließlich die besten – und ganz wichtig – auf dem Rost über Kühle gebratenen Wörschd, a leckers Bier und immerhin vier Gymnasien. In einer 41.000-Einwohner-Gemeinde ein deutlicher Indikator für viele Kinder. Lebt man freilich mal eine Zeitlang woanders, erscheint einem aus der Entfernung doch Vieles eher kobberneggisch!

Mit a bissla Abstand sieht man Dinge klarer und mit anderen Augen, als wenn man immer im eigenen Kiefernzapfensaft schmort. Der berühmte Tellerrandblick, waaßt scho! Das haben schon viele andere kluge Leute festgestellt. „Die Distanz ist eine Mutter der Erkenntnis“ lautet etwa einer dieser bekannten Sätze. Das mit der Distanz (oder dem gesunden Abstand) betrifft übrigens nicht nur die eigene Kultur und Herkunft, sondern und gerade auch die liebgewonnenen, manchmal aber ja leider auch nervtötenden Eigenheiten aus der Heimat.

Der Monaco musste gerade beruflich für zweieinhalb Wochen aus München und Oberfranken weg ins Rheinland und hart genau diese Erfahrung gemacht. Nach 17 Tagen in Köln fällt einem erstmal so richtig auf, was man in München oder daheim in Oberfranken gar nicht mehr bewusst registriert! Das Auffälligste neben der für die „Domstadt“ (!) berühmten Herzlichkeit ist: Ganz egal, wo du hinkommst: Du wirst zugetextet ohne Ende! Sowas hat die Welt noch nicht gesehen! Ohne Gschmarri: Iech glabb, a Zeidungsverkäufer in Köln redt in aaner Minuddn so viel wie a Oberfranke im ganzen Monat! Und dabei is dem völlig wurschd, ob Du gerade ein offenes Ohr hast oder signalisiert hast, dass Du in diesem Moment  eigentlich nix reden willst – sei’s, weil du noch keinen Kaffee in der Früh hattest oder weil du eben einfach ein maulfauler Frangge bist und bloß dei heiliche Ruh‘ ham willst.

In Köln – ich schwör’s – sind sogar die Penner freundlich und quatschen einen voll. Überhaupt diese Freundlichkeit! Wenn man so manchen Laden in München gewohnt ist, geradezu ein Schock! Während du in Schwabing oder Bogenhausen noch dreimal ‚danke‘ sagen und am besten Blumen mitbringen oder zumindest zu Kreuze kriechen musst, wenn du ordentlich bedient werden willst, bekommst du überall in Köln eine freundliche, verbindliche Beratung. Des soll jetzt net heißen, dass im Süden alle scheißunfreundlich sind. Aber a wenig bockert sind’s da halt manchmal scho!

Andererseits weiß man in der Fremde auch erst zu schätzen, wann man daheim hat! Schon Goethe wusste:

Ach in der Ferne zeigt sich alles reiner,/
Was in der Gegenwart uns nur verwirrt./
Vielleicht wirst du erkennen, welche Liebe/
Dich überall umgab und welchen Wert/
Die Treue wahrer Freunde hat, und wie/
Die weite Welt die Nächsten nicht ersetzt.

Schee gsoochd! Die „Freundschaften“, die man in Köln zum Beispiel in einem der alteingesessenen Kölsch-Brauhäuser mit so schönen Namen wie Gaffel, Päffgen, Kontra oder Schreckenskammer schließt, erweisen sich für Fremde dann doch häufig schnell als oberflächlich. Und simsalabim – so manchen Kartlbruder aus der Wirtschaft ums Eck vermisst man dann halt doch. Und abgesehen von der fundamental unterschiedlichen Größe der Biergläser (in Köln sagen sie „Stangen“ dazu!) ist einem dann doch sein brummelndes, fränkisch-stoisches Gemüt lieber als der in komischem Dialekt ohne Punkt und Komma Wörter und Sätze absondernde, notorisch gut gelaunte Rheinländer.

Zur Ehrenrettung der Kölner muss man sagen: Sie tragen ihr Schicksal – eine im Zweiten Weltkrieg bis auf den Dom und einen Wasserturm völlig zerbombte und heute zugebaute Stadt mit nur ganz weniger historischer Bausubstanz – mit Würde, Heimatliebe und viel Humor. Wobei: Humor haben die Coburger auch, wenn man zum Beispiel an die Werbung für den „Zukunftsbahnhof“ Coburg denkt: „Hier macht warten Spaß!“ Hat was!! „Coburg – Stadt des feinen Humors“ – gibt’s das eigentlich schon? Iech schlag amaal nach bei den 42 Stadtbegriffen.

Ein Name fehlt dort fehlt übrigens: der Name „Prinz-Albert-Stadt“. Komisch eigentlich, wo es doch auch einen Prinz-Albert-Platz, das Prinz-Albert-Denkmal auf dem Marktplatz und sogar eine Prinz-Albert-Gesellschaft gibt. Allerdings hat sich den „Titel“ „Prinz-Albert-Stadt“ bekanntlich schon das benachbarte Rödental gesichert – natürlich mit einem gewissen Recht, da Albert ja schließlich im Jahr 1819 ebendort auf Schloss Rosenau geboren wurde. A klaaner Stich ins Herz der „Medizinstadt Coburg“. Ach, gibt’s auch noch ned? Dann wird’s fei Zeit! Und wenn’s ned gleich klappt: In Cobuich, hamma glernt, macht warten schließlich Spaß!

Schätzla, schau wie iech schau!

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