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SONDERTHEMA Sicherheit #27

Habt keine Angst

Angst ist sinnvoll. Sie schützt uns vor Gefahren. Sie mobilisiert unsere Kräfte. Sie lässt uns kämpfen oder weglaufen. Sie bewahrt uns vor unnötigem Risiko. Sie steigert die Konzentration. Sie fördert Leistung. Blutdruck und Puls gehen hoch, wir atmen schneller, die Muskeln spannen sich an, der Körper ist im Alarmzustand. Verdauung, Kopfarbeit, Sexualtrieb werden heruntergefahren. Es geht darum, sich selbst zu erhalten.
Es geht um eine konkrete Bedrohung.

Angst ist nicht sinnvoll, wenn sie zu stark wird. Dann lähmt sie, schlägt um in Panik, macht kaputt, was sie beschützen soll, zerfrisst unser Ich, indem sie sich verselbständigt. Dann braucht es keine konkrete Bedrohung mehr, dann haben wir Angst – ganz einfach so. Viele Menschen kennen solche Angststörungen.
Einzelschicksale.

Wenn aber eine ganze Gesellschaft an Angststörungen leidet, wird es richtig gefährlich. Wenn eine ganze Gesellschaft permanent nur noch Angst hat, vor Globalisierung, Digitalisierung, Zuwanderung, Umweltzerstörung, sozialem Abstieg, lässt sie sich nur noch von einem Gefühl leiten.
Dem Gefühl der Bedrohung.

Dann aber zerfrisst diese Angst die Gesellschaft, unser Zusammenleben, unsere Werte, Ideale, unser geschriebenes oder stilles Einverständnis, wie wir miteinander leben möchten. Dann schlägt die Gesellschaft – wie ein angsterfüllter Mensch auch – wild um sich. Sie ruft nach mehr Gesetzen, mehr Polizei, mehr starken Männern, mehr Überwachung, mehr Grenzen, mehr Zäunen, mehr Kontrolle. Sie ruft nach mehr Sicherheit.

Absolute Sicherheit aber gibt es nicht.
Nur eine: Es war noch nie so sicher wie heute.

von Wolfram Hegen

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