Sonderthema Utopien – Neues Wohnen #46

Eine Utopie wird Wirklichkeit

Das Projekt „Neues Wohnen Coburg“

Utopien, Visionen vom Leben der Zukunft – oft sind sie nicht mehr als eine Projektion der Gegenwart, eine Hochrechnung aktueller Entwicklungen, gerne unter dem Eindruck neuer Technologien, die Phantasien Raum geben, die gut visualisierbar, wie ein Science-Fiction daherkommen. Wie aber leben wir in Zukunft zusammen? Menschen unterschiedlichster Herkunft, Talente, Bedürfnisse? Und vor allem: Wie leben alle diese Menschen in Zukunft in Würde zusammen? Solche Fragen sind weit weniger spektakulär, bewegen sie sich doch oft in einem gesellschaftstheoretischen, philosophischen, juristischen Rahmen, wenn von Selbstbestimmung, Gleichheit der Lebensverhältnisse, Menschenwürde, Teilhabe die Rede ist.

Dabei betreffen sie unser aller Leben, unser Miteinander, unsere Zufriedenheit. Es sind die viel wichtigeren Fragen, die es zu beantworten gibt. Und es gibt Antworten, die Mut machen, die ganz konkret sind, aktuell im Hier und Jetzt, gelebte Utopien. So wie die Utopie, die zur Gründung des Vereins „Neues Wohnen Coburg“ führte.

Es waren Eltern von Kindern, die in ihrer Eigenständigkeit und Alltagskompetenz aufgrund geistiger und/oder körperlicher Behinderung eingeschränkt sind, die den Verein gegründet haben. Meist erwachsene Kinder, jahre-, meist jahrzehntelang gepflegt von ihren Eltern. Die Eltern aber verband eine Vision: Wie jedes andere erwachsene Kind haben auch ihre behinderten Kinder ein Recht auf ein eigenständiges, selbstbestimmtes Leben außerhalb der Familie, sozial, kulturell, beruflich.

Bestehende Einrichtungen aber wurden oft den Bedürfnissen nach Teilhabe und Selbstbestimmung nicht gerecht. So hat man sich entschlossen, selbst aktiv zu werden und ein Wohnprojekt zu bauen, das selbstbestimmtes Wohnen und gesellschaftliche Teilhabe für Menschen mit Behinderung ermöglicht. Grundlage ist das neue Bundesteilhabegesetz, ein Meilenstein, Basis auch für das Coburger Projekt.

Das alles ist ein paar Jahre her. Jetzt 2021, im November, wird die Vision Wirklichkeit. Auf der Bertelsdorfer Höhe entstehen 24 Appartements, jedes mit 30 Quadratmetern, einem Küchenblock und einem behindertengerechten Bad, alles barrierefrei. Dazu Gemeinschaftseinrichtungen. Ein eigenes Zuhause für erwachsene Kinder mit Behinderung, selbstbestimmt, aber, wenn nötig, auch mit einer Rund-um-die-Uhr-Betreuung. Acht Plätze sind noch frei und warten auf interessierte Familien, 16 Appartements haben schon ihre Bewohner. Eine echte wahrwerdende Utopie für würdevolles Leben, die neben öffentlichen Fördergeldern auch Spenden erhält von Menschen, von Organisationen, die sich haben begeistern lassen von der Energie der Eltern und ihrer Kinder. So hat der Rotary-Club Coburg kürzlich 30 000 Euro gespendet, damit die Gemeinschaftsräume eingerichtet und ausgestattet werden können. Mehr Informationen unter www.neues-wohnen-coburg.de

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