Das war 2017 im Coburger Land. Drei Liedzeilen. Weil wir sauer sind.
„Über den Wolken muss die Dummheit wohl grenzenlos sein“
Diese Geschichte taugt für Schilda, spielt aber im Coburger Land: Seit 2002 macht sich die Region Gedanken um die Zukunft des Verkehrslandeplatzes Coburg-Brandensteinsebene, 2007 überprüft eine Raumordnung die möglichen neuen Flugplatzstandorte Bieberbach, Gossenberg und Neida, wirtschaftliche, umwelttechnische, kulturelle und soziale Gesichtspunkte. 2008 wird nach einem Gutachten Meeder-Neida als Vorzugsstandort festgelegt. 2010 beginnt die Planfeststellung. 2014 wird der Planfeststellungsantrag eingereicht. Es werden Fachleute beschäftigt, Arbeitsgemeinschaften gegründet, Projektgesellschaften notariell eingetragen, Kreis- und Stadträte beschäftigt, Verwaltungsangestellte, Ministerien, es wird ein Bürgerentscheid durchgeführt, mehrere Podiumsdiskussionen veranstaltet, es werden Schilder aufgestellt, Prospekte, Flyer und Flugblätter gedruckt, Webseiten programmiert, Kampagnen geplant. Es werden geheime Treffen vereinbart, Sitzungen, Besprechungen. Es werden Fakten gesammelt, Stellungnahmen, Meinungen. Es wird behauptet, gelogen und gehetzt. Es werden viele Jahre Arbeit investiert, viele Millionen Euro Steuer- und privates Geld ausgegeben, viele Milliarden Nerven bis an ihren Grenzen belastet – alles umsonst: Nach 15 Jahren Suche nach einem neuen Flugplatz für die Region Coburg kommt im Herbst 2017 der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei und teilt lapidar mit, dass man jetzt dann doch eine andere Lösung bevorzuge, quasi eine Arbeitsaufteilung der bestehenden Flugplätze in Coburg und Bamberg. Das soll es jetzt gewesen sein? Könnten wir uns wahnsinnig drüber aufregen.
„Dieser Steinweg wird kein leichter sein“
Alle paar Jahre schafft es der Coburger Steinweg auf die politische Tagesordnung. So auch 2017. Das innerstädtische Schmuddelkind sei ein gefährliches Pflaster, machen polizeiliche Statistiken Glauben. Das ruft die Parteien auf den Plan. Die Kneipen früher zumachen, Sperrzeit also verlängern, fordern die einen. Damit endlich Ruhe ist. Mehr Videoüberwachung im Steinweg, damit Abschreckung, fordern die anderen. Damit endlich Ruhe ist. Doch die Statistiken fallen bald in sich zusammen. Klar ist das persönliche Risiko in einem Kneipenviertel höher als andernorts in der Stadt, wo niemand unterwegs ist, klar ist das Risiko in den Morgenstunden höher, wenn dann schon mehr Alkohol geflossen ist, klar ist aber auch: Der Steinweg ist nicht das lebensgefährliche Pflaster, zu dem ihn die öffentliche Diskussion in regelmäßigen Abständen macht. 86 Delikte an 52 Wochenenden bei geschätzten 100 000 Besuchern im Jahr 2016 – solche Zahlen taugen schon bald nicht mehr zur Panikmache, sondern ermöglichen eher einen klaren Blick auf die wahren Hintergründe: eine unterbesetzte und deswegen überforderte Polizei auf der einen Seite, eine Politik auf der anderen, die das Sanierungsgebiet Steinweg langfristig aufhübschen möchte. Ein „Schmuddelkind“ wie der Steinweg mit Kneipenlärm bis in die frühen Morgenstunden passt nicht in so ein einfältiges Weltbild. Coburg aber täte gut daran, Vielfalt zuzulassen. Also bitte nicht mehr auf den Steinweg einprügeln. Sonst verkommt die Stadt zur langweiligen Puppenstube. Darüber würden wir uns aufregen. Und sicher sind wir damit nicht alleine.
„Mit 6 Millionen Euro da fing das Beben an“
Dieser Aufreger beginnt schon im Dezember 2016, den Monat der Ursünde der aktuellen Diskussion ums Landestheater. Damals klopften sich eifrige Stadträte stolz auf ihre Schultern, zum Wohle der Stadt die Kosten für eine Interims-spielstätte für die Zeit der Sanierung des Landestheaters auf 6 Millionen Euro beschränkt zu haben. Aber wie sagt der Volksmund schon: Wir sind hier nicht bei Wünsch-Dir-was, sondern bei So-ist-Es. Und so ist er eben, der Markt: Keiner wollte den Coburgern für sechs Millionen Euro eine Ersatzspielstätte bauen, im Laufe dieses Jahres wurde deutlich, sie wird teurer werden, viel teurer. Das hat dann auch der Stadtrat eingesehen und die Entscheidung vom letzten Jahr revidiert. Doch der blanke Aktionismus in der Vorweihnachtszeit 2016 hat noch mehr Schaden angerichtet: Der mittlerweile preisgekrönte Entwurf eines hölzernen Globe Theaters war damals zerknüllt im Papierkorb gelandet – zu teuer. Heute bedauern das nicht nur einige Stadträte. Sie hatten sich von der Sparpolitik blenden lassen, nur noch Kosten im Blick. Mit derart verengtem Gesichtsfeld sieht man dann die Ränder nicht mehr, kann nicht mehr erkennen, was ein Globe Theater für Coburg hätte sein können: Eine Investition, keine Kosten. Jetzt dürfte es zu spät sein, befürchten wir. Der Papierkorb ist schon auf der Müllkippe. Das regt uns wirklich auf.
von Wolfram Hegen und Axel Straubinger